Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal August/September 2017
Und groß gefeiert wurde im Werner-von-Siemens-Gymnasium in Nikolassee mit einem Festakt auch das 50. Jubiläum seiner Namensgebung Ende Mai. Das Wichtigste einer Schule sind die Schüler. Und die wurden dann auch vom extra gegründeten Festkomitee in den Mittelpunkt gestellt, kamen zu Wort und ließen zu Wort kommen. Als Sprachrohr einer Schulgemeinschaft, die viele der Eigenschaften ihres Namensgebers bei sich selbst – den Lehrenden und Lernenden – wiederfindet, auch wenn sie in den vergangenen 50 Jahren eine ganz eigene Persönlichkeit entwickeln konnte: Geblieben sind Erfindergeist, Kreativität und vielfältige Fachkompetenz, aber auch ein unbeirrbarer Optimismus, für den Werner von Siemens (1816-1892) sein Leben lang bekannt war.
Zurückversetzt in alte Zeiten fühlten sich die Gäste bereits vor Betreten der Schule. „Extrablatt, Extrablatt“ schallte es da unter kesser Schirmmütze hervor. Das Extrablatt vom 16.5.1881 hatte dann auch eine besondere „Neuigkeit“ mitzuteilen: „Siemens erfindet erste Elektrische“ prangte es da in alten Lettern auf dem Papier, das gleich noch den Groß-Lichterfelder Fahrplan mitlieferte.
So eingestimmt, ließ man sich von Siemens-Zeitgenossen gerne mit der (Papp)Elektrischen in die Aula geleiten, vorbei an berühmten Siemens-Erfindungen wie der Dynamo-Maschine, die der Vater der Elektrotechnik 1867 auf der Pariser Weltausstellung als elektrischer Generator vorgestellt hatte.
Von der Klasse 8d im Kunstunterricht geleistete Porträtüberarbeitungen des Namensgebers schmückten das Foyer und entlockten den Gästen manch amüsiertes Schmunzeln. Im Rahmen des bundesweiten Schulwettbewerbes der Siemens AG anlässlich des 200. Geburtstages des Erfinders und Geschäftsmannes hatten die Schüler sich mit der Persönlichkeit Werner von Siemens auseinandergesetzt und die Ergebnisse in die Überarbeitung seines Porträts einfließen lassen. Damit belegten sie schließlich den 3. Platz. Von Schulleiterin Ute Paubandt wurde der Schüler Alvaro Rasche während des Festaktes für seine gelungene Arbeit geehrt.
Wieder waren es dann die Schüler, die an diesem Jubiläumstag moderierten, musizierten, das Tanzbein durch verschiedene Epochen schwangen und die Aula zum Mitwippen brachten. Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski lobte besonders den Gemeinschaftssinn und das vielschichtige Lehrprogramm des Gymnasiums.
Nach weiteren Grußworten kam Chefhistoriker und Archivar des Siemens-Konzerns, Dr. Frank Wittendorfer, zu Wort und ließ im Bildvortrag Werner von Siemens und seine Lebensgeschichte vor dem geistigen Auge der Gäste erstehen. Er porträtierte den „Unternehmer, Erfinder, Offizier des preußischen Militärs, Abgeordneten, Wissenschaftsförderer und verantwortungsvollen Familienvater“, der seiner Zeit weit voraus war, und resümierte: „Im Leben von Werner von Siemens spiegelt sich ein Jahrhundert wider, in dem sich die Welt und auch die deutschen Staaten tiefgreifend veränderten. Er wurde im Zeitalter der Postkutschen geboren…Als er starb, fuhren bereits Kraftfahrzeuge und Untergrundbahnen.“ Nach dem ebenso interessanten wie lehrreichen Beitrag zur Person Siemens brachte der mit Bravour von Schülern vorgetragene und die Veranstaltung schließende Sketch entspannende Auflockerung. Der Namensgeber selbst, der sich auf der Bühne zuvor mit berühmten Zeitgenossen aus Wissenschaft und Technik ausgetauscht hatte, verließ nach so viel Ehrung dann auch als erster die Aula; dicht gefolgt von Marie Curie, die am Verkaufsstand der Klasse 7c vorbeischaute:
Als ein weiterer Jubiläums-Höhepunkt wurde da das neue Schulmaskottchen, der „Geometric Wolf“ vorgestellt, der auf Turnbeuteln gebannt, nun dreidimensional seinem Besitzer entgegenblickt. Im Rahmen eines Projektes unter dem Thema „demokratische Prozesse“ hatten die Schülerinnen Manon Lehrach und Magdalene Lendlein im letzten Winter die Idee entwickelt, basisdemokratisch zum Schuljubiläum ein Maskottchen zu finden. Dabei waren die Entwürfe aller Schüler gefragt. Nach Sichtung wurde der Siegerentwurf von der Schülergemeinschaft des Gymnasiums gekürt. 90 Prozent von ihnen sprachen sich für den Entwurf „Geometric Wolf“ von Elisa Pfeifle aus der 10b aus. Mit Tattoo „WVS“ auf Stirn und Nasenrücken stellt er den persönlichen Bezug zum Werner-von-Siemens-Gymnasium her. „Der Wolf steht für Klugheit und war auch früher schon einmal Symbol unserer Schule“, erzählt Manon und betont: „Ich finde es toll, dass alle ihre Ideen einbringen konnten und sogar über die Farbe des Turnbeutelstoffs gemeinsam entschieden haben.“
Auch die drei Schülerinnen waren in der Aula für die Umsetzung ihrer Idee geehrt worden und freuen sich nun darauf, möglichst viele Turnbeutel aus der Schulkollektion beim diesjährigen Schulfest am 22. September 2017 an die Besucher verkaufen zu können.
Die seit 1967 unter dem Namen Werner-von-Siemens-Gymnasium bekannte Schule war bereits im Jahr 1908 als Malwida-von-Meysenbug-Schule gegründet worden. Nach der künstlerfreundlichen Schriftstellerin benannt, war sie damals eine der ersten fortschrittlichen Schulen Berlins, an der Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtet wurden. So wie ihr Namensgeber, zeigte sich auch die Schule während der vergangenen 50 Jahre fortschrittlich und weltoffen.
Ein vielschichtiges Austauschprogramm, Sprachenangebot, aber auch künstlerische Vielfalt sowie umfangreiche Angebote zur Berufsorientierung beweisen das. Miteinander wird dabei großgeschrieben, mit dem Ziel, ein gesundes Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Breit gefächerte Bildung erfahren die rund 900 Schüler durch die Verbindung musisch-künstlerischer, historisch-philosophischer und mathematisch-naturwissenschaftlicher Orientierung.
Immer neuen Herausforderungen stellt sich das Gymnasium und steht darin in nichts Werner von Siemens nach: So bietet es bereits seit 1993 zur besseren Persönlichkeitsentfaltung Begabtenklassen und führte 2014 das Fachraumkonzept ein, das den Unterricht in speziell mit notwendigem Material ausgestatteten Fachräumen ermöglicht. Zwei Jahre jung ist die Schulbibliothek, die moderne Lehr- und Lernmethoden bietet. Außerdem wurde das Sprachenangebot erweitert und beinhaltet das Fach Chinesisch bis zum Abitur.
Ab dem kommenden Schuljahr hat das Werner-von-Siemens-Gymnasium als feste Option im Programm, dass ab Jahrgangsstufe 11 bis zum Abitur drei gewählte Leistungskurse besucht werden. Die Schüler können am Ende von Jahrgang 11 festlegen, welche Leistungskurse für das Abitur angerechnet werden.
So wird das Gymnasium mit seinem fortschrittlichen Angebot seinem großen Namen und berühmten Namensgeber wieder einmal mehr gerecht.
Jacqueline Lorenz
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