Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal Juni/Juli 2017
Die Domäne Dahlem ist für ihre ausgewählten Sonderausstellungen bekannt. Nun öffnete das Museum im Herrenhaus seine Türen für eine weitere: „Handwerken. Vom Wissen zum Werk“ ist die erste Sonderausstellung, die unter der neuen Direktorin des Landgutes und Museums, Marit Schützendübel, interaktives Museum für Alt und Jung anbietet. Das bloße Ausstellen von Exponaten war gestern, heute werden dazu Fragen gestellt und der Besucher wird mit in das Beantworten dieser Fragen einbezogen.
Bezirksbürgermeisterin und Kuratoriumsmitglied der Domäne-Stiftung, Cerstin Richter-Kotowski, lobte das Thema der Ausstellung, das Traditionelles und Aktuelles auf spannende Weise verbindet, „zumal das Handwerk in unseren Tagen eine Renaissance erlebt.“ So rege die Sonderausstellung zum Nachdenken, Diskutieren, aber auch zum Anfassen und Mitmachen über das Betrachten hinaus an.
Wie angesagt „Handwerken“ ist, zeigte der große Besucher-Andrang anlässlich der Eröffnung der Sonderausstellung, mit dem selbst die Direktorin nicht gerechnet hatte. „Klein, aber fein mit Besonderheiten ist das Museum“, erklärte sie und nannte die geschickte Anordnung der zur Verfügung stehenden Ausstellungsstücke in diesem Umfeld eine ebenso besondere wie spannende Herausforderung. Nicht zuletzt dank der Unterstützung vieler helfender Hände aus Reihen der Domäne-Freunde sei die erfolgreich gelungen. Aus der Landwirtschaft sei das Handwerk nicht wegzudenken, schließlich gingen landwirtschaftliche Geräte auf die Herstellung durch versierte Handwerker zurück, am Anfang stehe eben meist das Handwerk.
Unter Federführung des Freilichtmuseums Hessenpark, mit dem bereits der vorige Museums-Direktor Dr. Peter Lummel erfolgreich zusammenarbeitete, wurde die Wanderausstellung vom Verbund „Arbeit und Leben“ konzipiert und wandert durch verschiedene Freilichtmuseen Deutschlands. In Dahlem wird sie bis zum 1. Januar 2018 zu sehen sein.
Kuratorin Conny Nora Zeitler von der Freilichtmuseum Hessenpark GmbH zeigte sich angenehm überrascht darüber, dass trotz des – gegenüber dem Hessenpark -kleineren Platzangebotes, die Ausstellung im Domäne-Museum nicht weniger beeindruckend und gelungen platziert sei; auch wenn auf ein Thema, die Wanderung des Handwerks, aus Platzgründen verzichtet werden musste.
Geschickt wird der Besucher durch die in sechs farblich unterschiedliche Modul-Teile gegliederte Ausstellung geführt: Da steht Modul 1 für Motivation, Modul 2 für die greifende Hand und das Begreifen, Modul 3 für das Handwerkszeug. Modul 4 bildet das Ausstellungskernstück mit zehn Handwerkern, die sich und ihr Traditions-Werk vorstellen. Modul 5 behandelt das Thema „Kraft sparen- Körper schützen“, und Modul 6 schließlich widmet sich dem Handwerk, wie es sich heute mit seinen Handwerksberufen positioniert und wandelt.
Dabei stehen im gesamten Raum stets die Fragen: „Was macht das Wissen im Handwerk aus, auf welchem Weg wird es – oft von Generation zu Generation – weitergegeben und wie arbeiten Kopf und Hand zusammen?“
Handwerk vom Laien bis zum Profi führt den Besucher zu Exponaten, die das Lernen, Erfahren oder Wissen dokumentieren, an Mitmachstationen vorbei, die Geschicklichkeit, Handfertigkeit und Koordinationsvermögen herausfordern. Da stellt sich der Betrachter die Frage „Warum basteln wir? Was ist unsere Motivation?“ und muss zugeben, dass manchmal die Motivation das Ergebnis übertrifft.
Ganz nebenbei erzählen die Ausstellungsstücke kleine Geschichten, so wie das selbstgebastelte Karussell, das vor der Domänetür einst heimlich abgestellt worden war. Jetzt traf es seine einstige Besitzerin in der Ausstellung wieder…
Anhand von zehn, den Ausstellungsmachern bekannten Handwerkern – vom Konditormeister über Uhrmacher, Schuhmacher, Möbeltischler bis zur Vergolderin der Domäne, Anja Isensee – lernt der Besucher Erwerbsverläufe und traditionelles Können kennen. Er lernt auch, dass dank Motivation der zum Glück ausgediente Stahlhelm einst mit viel handwerklicher Geduld zum Küchensieb umfunktioniert wurde; und erinnert sich plötzlich wieder an den schweren Topf auf dem elterlichen Gasherd, in dem die ersten Pommes Frites aus Kindertagen in siedendem Fett trefflich gelangen. Seine erste Karriere hatte der Topf als Stahlhelm auf dem Kopf des Onkels hinter sich gebracht.
Weiter führt die Sonderausstellung nach Nordtansania und Japan und in deren Art des Handwerkens ein, Werkzeuge für Links- und Rechtshänder locken zum Ausprobieren, und so manches Gespräch mit andern Ausstellungsbesuchern entsteht zwanglos und ergebnisreich. Und auch den Museumsnachwuchs erwartet Spannendes zum Mitmachen und Entdecken sowie eine klein Werkstatt zum Hämmern und Schrauben.
Aktuelle Trends wie Do-it-Yourself, Upcycling und Repair-Cafés kommen ebenfalls zu Wort und runden das Ganze ab.
In Zeiten des Abwanderns der großen Museen aus Dahlem stellt diese pädagogisch hochrangige Sonderausstellung einen besonderen Wert für den Bezirk Steglitz-Zehlendorf da. Zeigt sie doch einmal mehr, dass auch ein kleineres Museum wie die Domäne Dahlem die Besucher zu fesseln und anzuziehen vermag dank präzise vorbereiteter Präsentationen, die den Nerv der Zeit treffen.
Wer noch mehr zum Thema „Handwerken“ erfahren möchte: Der erschienene gleichnamige Begleitband ist beim Museumsbesuch der Ausstellung an der Museumskasse zum Sonderpreis erhältlich.
Und an den „Mitmachtagen 2017“ am 10. Juni (Hofschmiede), 29. August (Keramikwerkstatt), 9. September (Vergolderwerkstatt) sowie 14. Oktober & 18. November (Möbelrestaurator) laden von jeweils 10 bis 16 Uhr die Domäne- Werkstätten in ihre Räume zum Einblick und zu Workshops (Anmeldung erforderlich). Angebote für Schulklassen und Erwachsenengruppen siehe Homepage.
Öffnungszeiten der Sonderausstellung: Mi.-So. 10-17 Uhr, Eintritt für das Museum im Herrenhaus und CULINARIUM: 5.-/erm. 3.- €, Kinder bis 16 Jahre frei.
Weitere Informationen unter www.domaene-dahlem.de
Jacqueline Lorenz
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