Gazette Verbrauchermagazin

Die schnellste Rennbahn der Welt

Avus Nordkurve wurde vor 50 Jahren abgerissen

Das 1939 von Max Esser geschaffene Motorradfahrer-Denkmal steht an der früheren Nordkurve.
Das 1939 von Max Esser geschaffene Motorradfahrer-Denkmal steht an der früheren Nordkurve.
Erschienen in Nikolassee & Schlachtensee Journal Oktober/November 2017
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Rennen auf der Avus! Das waren Pflichttermine für alle, die Benzin im Blut hatten und das waren in Berlin nicht wenige. Das erste Rennen startete am 23. September 1921 – nur fünf Tage vorher hatte man den Bau der Avus abgeschlossen. Begonnen hatte er bereits 1913 als sich wohlhabende Berliner Automobilbesitzer zur Automobil-Verkehrs-und Übungsstraße GmbH zusammenschlossen. Die neue Strecke, auf der Pferdefuhrwerke und Fußgänger nichts zu suchen hatten, verlief entlang der Wetzlarer Bahn zwischen Charlottenburg und Nikolassee. Der Erste Weltkrieg sorgte dafür, dass der Bau zum Erliegen kam. In den Nachkriegsjahren demontierte die notleidende Bevölkerung alles, was sich verkaufen oder anderweitig verwerten ließ.

Erste Streckenrekorde

Erst 1921 konnte der Bau dank der Investitionen des Industriellen Hugo Stinnes vollendet werden. Die Avus war noch eine reine Renn- und Versuchsstrecke. Doch auch Privatleute konnten sie nutzen, sie mussten eine Gebühr von zehn Mark zahlen. Am 23. September 1921 senkte sich erstmals die Startflagge auf dem Kurs, der durch den Grunewald verlief. Sieger des ersten Rennens war Fritz von Opel, der mit 128,84 km/h den ersten Streckenrekord erzielte. Obwohl schon die erste Rennveranstaltung ein Publikumsmagnet war, kam der Sport auf der Strecke aufgrund der Inflation nur schleppend in Gang. Auf der Avus wurden nur kleine, unbedeutende Rennen gefahren. Das nächste große Ereignis war der Große Preis von Deutschland am 11. Juli 1926. Es war die Stunde von Rudolf Caracciola, der am Start erst den Motor abwürgte und nach einer spektakulären Aufholjagd mit seinem Mercedes-Benz siegte. Der zweite Fahrer seines Teams erlebte hingegen einen schwarzen Tag. Sein Wagen kam ins Schleudern und zerstörte ein Zeitnehmerhäuschen. Dabei starben drei Menschen. Nach diesem Unfall wurde der Große Preis von Deutschland auf den 1927 eröffneten Nürburgring verlegt.

Ein Raketenauto von Opel

Dennoch wurden auf der AVUS weiterhin Rennen gefahren und Rekorde aufgestellt – besonders spektakulär war hierbei wiederum Fritz von Opel mit seinem Opel RAK 2, einem raketengetriebenen Fahrzeug. Er erreichte im Jahr 1928 die Spitzengeschwindigkeit von 230 km/h. Allerdings fuhr er kein Rennen gegen andere Fahrzeuge, sondern war mit dem sehr speziellen Fahrzeug allein auf der Straße 1937 ersetzte man die alte, flache Nordkurve durch ein neues Bauwerk mit einem geringeren Radius: Die berühmt-berüchtigte steile neue Nordkurve mit 46,6 ° sollte die Strecke noch schneller machen und der Plan ging auf. Die Tribüne entstand. Weitere Geschwindigkeitsrekorde folgten, ein Silberpfeil von Mercedes erreichte die Durchschnittsgeschwindigkeit von 260 Stundenkilometern.

Erkenntnisse für den Straßenbau

Doch die AVUS diente nicht nur der Weiterentwicklung der Fahrzeuge und Motoren. Auch der Straßenbelag auf der Strecke wurde ständig verbessert. Anfangs bildeten sich bis zu zehn Zentimeter hohe Bodenwellen. Durch Versuche mit anderen Bodenbelägen lieferte die Avus weitreichende Erkenntnisse für den künftigen Bau von Straßen. Im Jahr 1939 erfolgte der Verkauf der Avus, die sich bis dato noch in Privatbesitz befand. Käufer war das Deutsche Reich und die Avus wurde nun zu einem Stück der Reichsautobahn. Der Zweite Weltkrieg folgte und mit ihm starke Beschädigungen der Straße. Nach Kriegsende beseitigte man diese und 1951 startete das erste Nachkriegsrennen. Die Nordkurve erwies sich in den folgenden Jahren mehr und mehr als schwierig und sogar tödlich. 1954 klagten Fahrer über Bodenwellen. Seit 1956 kam es immer an der gleichen Stelle an der Nordkurve zu folgenschweren Unfällen. So geriet Richard von Frankenbergs Fahrzeug über den Kurvenwulst, der Fahrer wurde schwer verletzt, ein weiterer Fahrer geriet ins Schleudern. Der Franzose Jean Behra starb am 1. August 1959, als sein Porsche auf der Nordkurve ins Schleudern kam und an einem Betonklotz – dem Sockel eines früheren Luftabwehrgeschützes – zerschmetterte. Nach diesem tödlichen Unfall fanden in den nächsten drei Jahren keine Grand Prix-Rennen auf der Avus mehr statt. Beim Rennsport auf der Traditionsstrecke starteten nur noch schwächer motorisierte Fahrzeugen. Steilkurven in Autorennen galten mittlerweile auch als überholt und so wurde die berüchtigte Nordkurve 1967 abgetragen. Noch bis zum Jahr 1998 fanden Rennen mit Tourenwagen auf der Avus statt. Mittlerweile ist der Rennsport auf der Strecke Geschichte, da Sperrungen immer problematischer wurden und Rennen in der Stadt auch nicht mehr zeitgemäß waren. Der Nachfolger für den Rennsport sollte der Lausitzring werden.

Neue Pläne für die Tribüne

Seit dem Aus für die Avus-Rennen ist auch die 1936 erbaute Tribüne verwaist. Das denkmalgeschützte Bauwerk verkam zusehends. Nach mehreren Eigentümerwechseln übernahm der Unternehmer Hamid Djadda die Tribüne. Nach den Umbauarbeiten, die bereits angefangen haben, sollen hier Veranstaltungen stattfinden, möglicherweise wird es auch ein Museum zur Geschichte der Avus geben. Fertigstellung soll im Jahr 2021 sein – 100 Jahre nach der Eröffnung der Avus.

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