Erschienen in Gazette Zehlendorf November 2017
„Es ist ein neues Format, das wir für diese Informationsveranstaltung gewählt haben“, verkündete im Bürgersaal des Rathaus Zehlendorf die Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski zu Beginn der ersten Informationsveranstaltung zur Zukunft des Stadtteilzentrums Zehlendorf-Mitte, die Ende September stattfand. – Ein Format, das gut ankam bei den rund 100 Anwesenden, die der Veranstaltung folgten.
Auf Augenhöhe im Gespräch mit den Bürgern anstatt von erhöhtem Podest aus moderierte die Bezirksbürgermeisterin den Abend, an dem Fachplaner, Vertreter der Fachbereiche des Bezirksamtes sowie Bürger zu Wort kamen.
Ein gelungener Schritt, der durch diesen erfolgreichen Dialog den Bezirk in Richtung lebendige Zehlendorfer Mitte ein gutes Stück vorangebracht haben dürfte, dem aber noch viele ähnliche Schritte folgen sollten.
Erste Ideen des Bezirksamtes zur Umgestaltung der Zehlendorfer Mitte hin zu mehr Lebendigkeit und Attraktivität wurden in drei Themen-Blöcken anhand von Präsentationen vorgestellt. Regelmäßig trifft sich im Rathaus eine Arbeitsgruppe, die die Umgestaltung der historischen Mitte Zehlendorfs von der Kreuzung an der Dorfkirche bis zum S-Bahnhof Zehlendorf zum Thema hat.
„Dies ist erst der vorläufige Zwischenstand“, betonte Cerstin Richter-Kotowski und gab den Bürgern Informationen, aber auch ein gewisses Mitspracherecht an die Hand, das angeregt genutzt wurde, um eigene Vorschläge und Idee einfließen zu lassen. Hauptdiskussionspunkte waren dabei der Verkehr rund um den Teltower Damm, Parkplätze und angedachte Fußgängerzonen. Dazu kamen die Überlegungen, wie die Dorfaue belebt und verschönt werden könnte.
Stephan Tietz, Leiter der Unteren Straßenverkehrsbehörde (StVB), stellte Umgestaltungsgedanken vor, die den nebenläufigen Straßenabschnitt des Teltower Damm vorbei am Standesamt zwischen Kirchstraße und Potsdamer Straße betreffen, und die Umänderung von Teilen dieser Straße in (südliche) Einbahn- und ( nördliche) Fußgängerzone vorschlagen. Gleichzeitig würde der Taxistand näher zum Rathaus und S-Bahnhof verlegt werden. Außerdem steht die Umgestaltung an der Ecke Kirch-/Martin-Buber-Straße an, wo die eher verwirrende Straßenmarkierung umgeändert werden soll hin zu größerer Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer. Als Vorschlag wurde ein Minikreisel als Straßenmarkierung in den Raum gestellt. Die StVB jedoch empfiehlt eine T-Kreuzung, wozu wiederum größere kostenintensivere Baumaßnahmen an Bürgersteig und Regenwasser-Ablauf notwendig würden, deren Finanzierung erst geklärt werden muss.
Ein weiterer Umgestaltungsvorschlag erhielt von den Anwesenden überwiegend positive Resonanz: Der sogenannte kleine Teltower Damm, der zum Postplatz führt, könnte Fußgängerzone mit Radverkehr werden, PKW-Abbieger fielen weg. Angesprochen wurde auch die geplante Umgestaltung rund um den Postplatz und die Eröffnung des zweiten S-Bahn-Zuganges – doch das wird kaum vor 2020 geschehen, zumal deutlicher Klärungsbedarf über den zukünftigen Zugangsverlauf mit den beiden neuen Besitzern des angrenzenden alten Bahngeländes besteht.
Die Überlegung, das Endstück der Gartenstraße in eine Fußgängerzone umzuwandeln, wurde vorerst verworfen, da in diesem Fall LKWs in der kleinen Straße keine Wendemöglichkeit fänden.
Dafür wird die Anhaltinerstraße nun bald zur Fahrradstraße fertiggestellt sein, die für Anwohner und Lieferverkehr freigegeben ist, und in der Autofahrer den Radverkehr weder behindern noch gefährden dürfen. Zur Sprache gebracht wurde dabei auch die oftmals starke Gefährdung von aussteigenden Busgästen an den Haltestellen des Teltower Dammes durch Radfahrer, die mit hoher Geschwindigkeit in diesem Bereich unterwegs sind.
Doch allen gerecht werdende Lösungen zu finden, liegt oft nicht allein in der Hand des Bezirkes, sondern muss zeitaufwendig mit der Verkehrslenkung Berlin koordiniert werden.
Während die StVB die Parkraumbewirtschaftung in Zehlendorf Mitte befürwortet, sieht das Land Berlin derzeit für das Stadtteilzentrum Zehlendorf Mitte keinen Handlungsbedarf. Lediglich eine kostenintensive, vom Bezirk in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie könnte die Voraussetzungen dafür schaffen.
Diskussionsbedarf bestand am Abend im Bürgersaal auch zum Thema Dorfanger. Während anlässlich ihres im nächsten Jahr zu feiernden 250-jährigen Bestehens die Dorfkirche im historischen Winkel bereits saniert wird, besteht am Anger noch Handlungsbedarf. Einig ist man sich darin, dass er Bürgertreffpunkt unter freiem Himmel sein sollte, grüner Erholungs- und Begegnungsort. Viele Ideen steuerten die Bürger bei: Wo heute Hecken und buschiges Grün wuchern, könnten Schachplatz, Skattische, Rosengarten, Boule-Bahn und vielleicht ein kleines Café dem Anger zu höherer Attraktivität verhelfen, der dann einerseits von Anwohnern als kleine grüne Oase und andererseits von den rund um den Teltower Damm Beschäftigten als „ grüner Pausenraum“ besser nutzbar wäre. Das Bezirksamt plant niedrigere Gewächse zu setzen, um Müllecken vorzubeugen und bessere Einsicht auf das Gelände zu gewähren. Eine Wiederbelebung des ehemaligen Löschteichs, den sich einige Bürger zurückgewünscht hatten, ist nicht geplant. Aber: Bereits zwei Wochen nach der Informationsveranstaltung war auf dem Anger ein verstärkter Einsatz des Grünflächenamtes sichtbar, waren Hecken und Büsche gestutzt und der Rasen gekürzt.
Eine Entscheidung über die weitere Nutzung des benachbarten denkmalgeschützten Kulturkiosk sei noch nicht gefallen und werde noch etwas Zeit bis April nächsten Jahres benötigen, erklärte Bezirksstadträtin Maren Schellenberg. Derzeitiger Nutzer ist der Kultur in Zehlendorf e. V., der auf eine Vertragsverlängerung hofft und weit über 400 Unterschriften gesammelt hat von Bürgern, die den vielschichtigen Kulturtreffpunkt in Zehlendorf Mitte erhalten möchten und in ihm eine unverzichtbare Symbiose zwischen Kultur und Dorfanger sehen.
Und auch das optisch wenig attraktive Rathaus war an diesem Abend wieder einmal Gesprächspunkt. Die Bezirksbürgermeisterin erklärte, dass derzeit zum Thema Sanierung eine Machbarkeitsstudie laufe. Zu klären sei dabei auch, ob die dem Grundgebäude angefügten Erweiterungsbauteile sanierbar oder eher dem Abriss geweiht seien. Diskutiert wurde auch die eventuelle Entfernung der vor dem Rathaus am Teltower Damm gelegenen Kurzzeitparkplätze, die wertvollen Raum für Fußgänger belegen und „angesichts von 1200 Parkplätzen in Zehlendorf zu vernachlässigen sind“, wie ein Anwohner bemerkte.
Am Ende der Veranstaltung waren Veranstalter und Gäste dann doch zufrieden mit dem Ergebnis des Abends:
„Ich brauche jetzt nicht mehr irgendwelchen Umgestaltungsgerüchten zu glauben, sondern habe erste Schritte sowie klare und verständliche Informationen geliefert bekommen und dazu noch meine Ideen äußern können“, lobte eine Anwohnerin, die auf weitere derartige Abende hofft.
Und auch das Bezirksamt mit der Bezirksbürgermeisterin voran zeigte sich erfreut über den gelungenen Informationsstart.
Christian Küttner von der Bürgerinitiative „Zehlendorf-Mitte“ zeigte sich indessen etwas verhalten: „Ich wünsche mir von der Bezirksregierung, von der Verwaltung und auch von unseren Bezirksverordneten mehr Mut und Transparenz und mehr Gestaltungskraft für die Zukunft.“ Doch auch er sieht in der Veranstaltung „einen guten Anfang“ und erinnert an die am 13. November 2017 ab 18.30 Uhr im alten BVV-Saal des Rathaus Zehlendorf stattfindende 10. Bürgerversammlung unter dem Motto „Neue Perspektiven für Zehlendorf“.
Weitere Informationen unter www.bi-zehlendorf.de
Jacqueline Lorenz
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