Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal Dezember/Januar 2017
Die Strahlen der Frühlingssonne locken nicht nur uns Menschen ins Freie - auch die Bienen kommen heraus und fliegen von Blüte zu Blüte. Hinter einer Villa in Grunewald, in deren Souterrain die Aurelia Stiftung ihr Büro hat, stehen 10 Kästen mit je einem Bienenvolk. In der warmen Jahreszeit werden sie in der Umgebung wieder Nektar und Pollen sammeln um daraus Honig zu machen und ihre Brut zu versorgen. „Wir freuen uns sehr darüber, hier in diesem schönen Stadtteil,“ sagt Vorstand Thomas Radetzki, „ein Büro mit Garten für unsere Bienen gefunden zu haben.“
Imkermeister Thomas Radetzki befasst sich seit über 40 Jahren mit den nützlichen Insekten. Wie viele andere sieht er mit Besorgnis, dass immer wieder viele Bienenvölker sterben. Hierfür gibt es mehrere Ursachen – Pestizide und Umweltbelastungen, die eingeschleppte Varroa Milbe, aber auch Haltungsformen, die die Bienen schwächen und sie so anfälliger für Erkrankungen machen. Die Biene ist ein sehr anpassungsfähiges Tier. Sie erträgt vieles und hat gewaltige Regenerationsfähigkeiten. Doch heutige Verhältnisse machen dem seit ca. 50 Millionen unverändertem Tier schwer zu schaffen. Da die Bienen keine Stimme in der Politik haben, setzt sich die Aurelia Stiftung als verbandsunabhängige Institution unter dem Motto „Es lebe die Biene!“ für sie ein. Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, gemeinsam mit den Verbänden der Imker, des Naturschutzes und Landwirtschaft sowie Politik und Behörden konstruktive Verbesserungen zu erarbeiten.
Eine Veränderung im Umgang mit der Biene ist beispielsweise eine extensive Haltung. Heutzutage werden Bienen überwiegend in sogenannten Magazinbeuten gehalten, die in den 1970er-Jahren aufkamen. Sommers wie winters halten die Bienen in ihren Beuten eine Temperatur von ca. 35 Grad Celsius. Kontrolliert der Imker sein Volk, geht die Temperatur herunter, außerdem verflüchtigen sich die Duftstoffe, mit denen sich die Bienen verständigen. Thomas Radetzki schweben andere Wege vor, da jeder Eingriff das Volk stört. Mit tiergerechten Beuten – so werden Bienenbehausungen genannt – sind weniger Eingriffe notwendig und trotzdem kann die Entwicklung des Volks mit weniger Aufwand als bisher verfolgt werden. Die neue Bienenwohnung, die zur Zeit entwickelt wird, trägt zur Gesundheit der Völker bei und ermöglicht weiterhin die gewohnten Erträge.
Zu den Stiftungsprojekten gehört auch, die Bienenhaltung an die Schulen zu bringen. Die Bienen und ihre Erzeugnisse sind perfekt für die Gründung einer Schülergenossenschaft. Neben Aspekten des Tier- und Naturschutzes werden auch wirtschaftliches Handeln und demokratische Mitbestimmung erlernt. So werden wichtige Schlüsselqualifikationen für die spätere berufliche Laufbahn erworben. Schüler werden durch die Stiftung bei der Ideenentwicklung, Umsetzung und Gründung unterstützt. Die Unterrichtsmaterialien hierzu werden gemeinsam mit dem Verlag KlettMINT entwickelt und sollen auf der Didactica 2019 vorgestellt werden.
Wussten Sie, dass die Bienen in Deutschland einst dunkel waren? Die heute hier meist verbreitete Honigbiene ist die Apis mellifera carnica. Sie war ursprünglich in Kärnten beheimatet und bot den Vorteil, dass das Volk bereits früh anfing, sich zu vermehren. Es war den früh einsetzenden Frühling gewohnt. In Deutschland war aber ursprünglich die Apis mellifera mellifera heimisch. Sie hatte sich an die jahreszeitlichen Gegebenheiten sowie die Flora hierzulande angepasst. Das robuste Tier erschien für moderne Haltungsmethoden jedoch weniger geeignet und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig aus der Imkerei verdrängt und an den Rand des Aussterbens gebracht. Lediglich in einigen Bereichen in Skandinavien, dem Baltikum und Großbritannien sind noch reine Restbestände vorhanden. In dem Projekt zur Rettung der Dunklen Biene soll nicht nur das genetische Material in einem Schutzgebiet gesichert, sondern auch sein Stellenwert in Zeiten des Bienensterbens geprüft werden. Hierbei wird mit dem Jane Goodall Institut Deutschland zusammen gearbeitet.
Eine der Kernaufgaben der Stiftung ist die Vertretung der Bieneninteressen im Rahmen der Agrarpolitik. Bienensterben ist weltweit ein Problem in Ländern mit intensiver Landwirtschaft. Das Artensterben betrifft sowohl Wildbienen als auch Honigbienen und viele andere Arten. Neonicotinoide, die Saatgut vor Pilzen und Schädlingen schützen, finden sich auch in den Pollen wieder, die von Bienen gesammelt werden. Sie verschlechtern die Überwinterungsfähigkeit der Bienenvölker. Die Genehmigung der bienengefährlichen Wirkstoffe wurde durch die EU-Kommission im Jahr 2013 beschränkt. Hiergegen klagen Bayer, Syngenta und BASF vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Position der Bienen wird von drei Imkerverbänden aus dem Netzwerk „Bündnis zum Schutz der Bienen“ vertreten, das von der Aurelia Stiftung betreut wird.
Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist hoch umstritten. Bei Bienen führt es zur Orientierungslosigkeit, sie brauchen erheblich länger, um in den Stock zurück zu finden. Noch schlimmer: es wurde mittlerweile im Honig nachgewiesen – auch in Wein und Fruchtsaft wurden bereits Rückstände gefunden – und gelangt auch auf diesem Weg in die menschliche Nahrungskette. Erst kürzlich wurde die Zulassung von Glyphosat in der EU verlängert. Deshalb klagt die Aurelia Stiftung vor dem Europäischen Gerichtshof, um eine Rücknahme der Verlängerung zu erreichen.
Diese vielfältigen Aufgaben sind teuer und die Fürsprecher der Bienen brauchen Unterstützung. Albert Einstein wird der Satz zugesprochen „Wenn die Biene stirbt, stirbt vier Jahre später der Mensch.“ Ein Drittel unserer Lebensmittel hängen direkt oder indirekt von der Biene ab, die die Pflanzen bestäubt. Wenn Sie die nützlichen Tiere unterstützen möchten, freut sich die Aurelia Stiftung über Ihre Spende: Spendenkonto der Aurelia Stiftung, GLS Bank, IBAN DE52 4306 0967 0778 8996 00. Weitere Informationen unter www.aurelia-stiftung.de
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