Erschienen in Gazette Wilmersdorf Oktober 2018
Eine Reise ins Grauen: Als am 18. Oktober 1941 der erste Zug vom Gleis 17 am Bahnhof Grunewald in Richtung Osten fuhr, ahnten die in Viehwaggons gepferchten Menschen mit Sicherheit schon nichts Gutes. Dass es für die meisten eine Reise ohne Wiederkehr werden sollte, wussten sie nicht. Es ging in Richtung Litzmannstadt – heute Lodz – Warschau und Riga. In den Folgejahren führten die Gleise nach Theresienstadt und Auschwitz.
Der Zug war der erste in einer langen Reihe von Deportationszügen vom Gleis 17. Die Züge brachten mehr als 50.000 Menschen aus Berlin und dem Brandenburger Umland in die Konzentrationslager. Lange Schlangen mit Menschen, die nur noch das besaßen, was sie am Leib trugen und was sie tragen konnten, wurden zum Bahnhof getrieben. Die Fahrkosten wurden aus dem Vermögen der Deportierten bezahlt. Der Weg in den Tod kostet pro Kilometer vier Pfennige für Erwachsene, zwei Pfennige für ein Kind.
Das vor 20 Jahren eingeweihte Mahnmal lässt das Grauen und die Hoffnungslosigkeit der Menschen erahnen. Auf 186 Stahlgussplatten, von denen jede für einen Zug in die Konzentrationslager steht, stehen Darum der Abfahrt, Anzahl der Deportierten und Bestimmungsort des Zugs. Zusätzlich ließ man den bereits abgetragenen Bahnsteig auf einer Länge von ca. 160 Metern wieder aufbauen. Am 18. Oktober ist es 77 Jahre her, dass die erste Fahrt in den Tod am Bahnhof Grunewald startete. Mehrere Mahnmale erinnern an dieses Datum. Bereits 1953 brachte eine kleine Gruppe eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Deportationen am Signalhaus an. Diese Tafel wurde einige Zeit später wieder entfernt. 1973 wurde erneut eine Gedenktafel angebracht, die 1986 durch einen Diebstahl verschwand. Am 46. Jahrestag des ersten Deportationszug, dem 18. Oktober 1987 errichtete die Frauengruppe der evangelischen Grunewald-Gemeinde auf dem Bahnhofsvorplatz ein Mahnmal, das aus drei Eisenbahnschwellen bestand, von denen eine senkrecht stand. Auf einer Schwelle befand sich eine Messingplatte mit Erinnerungsinschrift. Nachdem die Initiatorinnen aus Altersgründen nicht mehr in der Lage waren, das Mahnmal zu pflegen, wuchs es zu. Die Messingplatte wurde gestohlen. 2005 ließ man es in vereinfachter Form wieder aufbauen und erneut eine Messingplatte montieren.
Seit 1991 steht ein 18 Meter langer Betonblock mit schemenhaften Umrissen deportierter Menschen vor Ort. Der Entwurf stammt von dem polnischen Künstler Karol Broniatowski. Das zentrale Denkmal befindet sich hingegen entlang des Gleises. Auf 186 Stahlgussobjekten, von denen jedes für einen Zug steht, der die Menschen in die Konzentrationslager brachten, stehen Datum der Abfahrt, Anzahl der Deportierten und das Ziel des Zuges. Zusätzlich wurde der bereits abgetragene Bahnsteig auf einer Länge von ca. 160 Metern wieder aufgebaut. 2012 pflanzte Lukacz Sorowiec im Rahmen der Biennale Birken aus der Umgebung der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau auf dem Bahnhofsvorplatz.
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