Erschienen in Zehlendorf Mitte Journal April/Mai 2019
Zurück zum Ursprung: Das Haus am Waldsee wurde Anfang des Jahres nach umfassenden Sanierungsarbeiten wieder eröffnet. Das Haus ist jetzt barrierefrei und im Zuge der Sanierungen wurde der östliche Gebäudeflügel, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, wieder aufgebaut. Von außen entspricht es nun wieder dem Ursprungsbau, den der Textilfabrikant Hermann Knobloch bei dem Architekten Max Werner in Auftrag gegeben hatte. Schon wenige Jahre später musste die Familie ihr kleines Paradies mit Streuobstwiese, Gewächshaus, Schweine- und Hühnerstall wieder verlassen, da sie in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. Die Familie Knobloch war jüdischer Abstammung. Sie konnte jedoch rechtzeitig aus Deutschland ausreisen und entkam so der Judenverfolgung. 1942 kaufte die Allgemeine Film-Treuhand der UFA das Haus am Waldsee. Der letzte bekannte Bewohner vor 1945 war Karl Melzer. Er war Generalsekretär der Internationalen Filmkammer und stellvertretender Präsident der Reichsfilmkammer. Nach Kriegsende, schon 1946, zog kulturelles Leben in das Haus ein. Hier stellten Käthe Kollwitz und Ewald Vetter aus. Viele namhafte Künstler folgten – darunter Pablo Picasso, Niki de Saint Phalle und Meret Oppenheimer. Heute werden hier Werke von Gegenwartskünstler/innen gezeigt. Außerdem gibt es Konzerte, Sommerakademien und Performances.
Nach der Wiedereröffnung wurde die Ausstellung A bis Z von Karin Sander gezeigt. Seit März werden Werke von Ammar al-Beik ausgestellt. Wie kaum ein anderer syrischer Künstler seiner Generation steht der 1972 in Damaskus geborene, vielfach ausgezeichnete Filmemacher und Fotograf Ammar al-Beik für den experimentellen Film seines Landes. Seine Arbeiten waren seit den frühen 2000er-Jahren auf internationalen Filmfestivals unter anderem in Venedig und Berlin zu sehen, sie wurden aber auch in Museen in New York, Paris, Seoul und Tokyo gezeigt. Al-Beik kam 2014 über Beirut und Dubai nach Berlin, wo er heute lebt und arbeitet.
ONE TO FREE eröffnet einen ersten Überblick über sein Schaffen in einer deutschen Kunstinstitution. Inhaltlich spannt sich der Bogen der ausgestellten Arbeiten von der Suche nach einer neuen syrischen Identität, über die Aufstände der Opposition in Damaskus, bis in die unmittelbare Gegenwart, in der der Filmemacher sein Leben im Berliner Exil reflektiert.
Poetisch und hochpolitisch, persönlich und mit hellwachem Blick portraitiert Ammar al Beik seine Umgebung. Aus einer zutiefst humanen Haltung heraus macht er Persönlichkeiten des kulturellen Lebens ebenso zu Protagonisten seiner Arbeiten, wie übersehene Schicksale, die im Hintergrund ihr Lebenswerk der Allgemeinheit gewidmet haben.
Anlässlich der Ausstellung erscheint im Verlag der Buchhandlung Walther König eine Publikation auf Deutsch und Englisch.
Die Ausstellung wird noch bis zum 5. Mai im Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, 14163 Berlin gezeigt. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr. Eintritt: 7 Euro, ermäßigt 5 Euro. www.hausamwaldsee.de
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