Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal Dezember/Januar 2018
Im Rosinenbomber des AlliiertenMuseum die Geschichte der Berliner Luftbrücke hören, im Freilichtmuseum Domäne Dahlem den Weg der Kartoffel „vom Acker bis zum Teller“ verfolgen und im Kunsthaus Dahlem durch den Skulpturengarten Bernd Heiliger´s schlendern – nur drei Museen einer 13-gliedrigen-Perlenkette, die in Steglitz-Zehlendorf auf ganz besondere Weise ihren Besuchern Kultur und Natur jenseits von Mitte lebendig näherbringt. Insgesamt 13 Museen und Ausstellungshäuser haben sich im Netzwerk „natürlich Kunst“ zusammengeschlossen und sich unter ihrem neuen Namen „Kulturkorso – Museen im Grünen“ Ende September im Culinarium des denkmalgeschützten Freilichtmuseum Domäne Dahlem im Rahmen eines Speed-Datings vorgestellt.
Zu dem Netzwerk gehören das AlliiertenMuseum, das Botanische Museum am Botanischen Garten Berlin, das Brücke-Museum, das Freilichtmuseum Domäne Dahlem, das Haus am Waldsee, das Haus der Wannsee-Konferenz, das Kunsthaus Dahlem, die Liebermann-Villa am Wannsee, das Martin-Niemöller-Haus, das Museum Europäischer Kulturen (MEK), das Museumsdorf Düppel, das Schloss Glienicke und die Schwartzsche Villa.
Gemeinsam ist ihnen, dass sie – jedes Museum für sich – eingebettet in reizvolle Natur- und Kulturlandschaft liegen und ihrem Besucher mit bespielbarem Außengelände eine wohltuende Verbindung von Erlebnis und Erholung bieten.
Ziel des Netzwerkes ist es, über Bezirks-, Stadt- und Landesgrenze hinaus stärker auf dieses Kultur- und Natur-Potential aufmerksam zu machen, das die gebündelt im Berliner Südwesten liegenden Museen besitzen. Außerdem möchte der Kulturkorso die Vielfalt der Museen-Angebote durch ein Zusammenwirken verstärken.
Dazu erklärt Museumsleiterin Dr. Dorothea Schöne vom Kunsthaus Dahlem, die sich regelmäßig mit der Direktorin des in direkter Nachbarschaft liegenden Brücke-Museum Lisa Marei Schmidt zu gemeinsam vorstellbaren Aktionen und zum geplanten Café austauscht: „Durch dieses Zusammenwirken entsteht kein Konkurrenzkampf der Museen, vielmehr wächst die Sichtbarmachung eines jeden Partners.“
Alle Netzwerk-Mitglieder – außer dem Haus am Waldsee und dem Haus der Wannsee-Konferenz – präsentierten sich an Ständen im Dahlemer Freilichtmuseum. Die Museumsvertreter stellten jeweils ihr Haus und ein dafür typisches Objekt vor:
Da erinnerte das AlliiertenMuseum, dessen drohender Wegzug in etwa sechs Jahren von Zehlendorf nach Tempelhof im Bezirk schon heute bedauert wird, mit einem Feuerzeug mit eingraviertem Schornsteinfeger an die Berliner Luftbrücke: Zu Silvester hatten es einst die Luftbrücken-Piloten als Dankeschön für ihren Einsatz von der Schornsteinfeger-Innung erhalten.
Das Botanische Museum, das so alt wie der Botanische Garten selbst ist, präsentierte auf der Veranstaltung sein Kochbuch mit Chili- bis Schokolade-Rezepten. Als Museum macht es immer wieder sichtbar, was der an Größe dem Vatikan gleiche Botanische Garten auf seiner Freifläche und in den Gewächshäusern nicht zeigen kann: Darunter besondere Ausstellungen, wie die am 7. Dezember startende Ausstellung zum Thema Zimmerpflanzen „Geliebt, gegossen, vergessen“, wofür derzeit Berlins längstes Fensterbrett entsteht.
Das Brücke-Museum hatte ein besonderes Bild dabei, das eigentlich kein Bild ist: Expressive Farben aus dem Arbeitsprozess, nebeneinander aufgetragen und durchaus für sich sprechend.
Das Museum ist unter Lisa Marei Schmidt auf gutem Weg, sich mit seinen Arbeiten der Künstlergemeinschaft „Brücke“ weiter farbenfroh nach außen zu öffnen, an einem Standort, der nicht besser geschaffen sein könnte, den Zusammenhang von Mensch, Natur und Architektur im Werk widerzuspiegeln.
Die unter privater Trägerschaft stehende Liebermann-Villa brachte aus Wannsee ein eher profanes, aber aussagekräftiges Objekt mit: Eine Gartenschere als Symbol für die Schönheit des wiedergestalteten Liebermann-Gartens. Der bildet mit Künstlerhaus und Museum in Nachbarschaft zum Haus der Wannseekonferenz eine Einheit aus Natur, künstlerischem Schaffen und Lebenstragik und ist gleichzeitig authentischer Ort, der die Geschichte der Familie Max Liebermanns erzählt.
So unterschiedlich wie die Museen auch die Objekte: Duftende Zitronen, Blumenstrauß und Passionsfrüchte aus dem Schlossgarten Glienicke brachten italienisches Flair in´s Culinarium und erinnerten an Namen wie Lenné, Schinkel und Pückler, an Landschaftspark und fürstliches Wohnen mit Blick auf die Havel.
Eines der letzten Staatlichen Museen, das am Museums-Standort Dahlem verblieben ist und im nächsten Jahr 20 wird, das Museum Europäischer Kulturen (MEK), verwirrte mit großformigen Schuhen aus dem Ausstellungs-Archiv des Hauses, die niemand zuzuordnen wusste. Museumsleiterin Prof. Dr. Elisabeth Tietmeyer löste schließlich das Rätsel: Die selbstgefertigten Cosplayer Schuhe einer Manga-Anhängerin stehen für die Vielfalt der Ausstellungsthemen, die immer wieder die Besucher fesseln und gleichzeitig zum Mitmachen und Rückbesinnen auffordern. So auch die aktuelle Ausstellung zum Thema Wolle, die zwei Folgeausstellungen nach sich ziehen wird, zum Thema Flechten und zum Thema Drucktechnik. Ende September startete erst einmal die Ausstellung „Hochzeitsträume“, die gelebte und ungelebte, vergangene und gegenwärtige Hochzeitsträume unterschiedlicher Menschen und Kulturen zeigt.
Ländlich geht es nicht nur auf der Domäne Dahlem zu, die längst einen großen Fan-Club bei Klein und Groß u. a. für ihre spektakulären Marktfeste und Adventsmärkte hat. Auch das Museumsdorf Düppel begeistert mit Freiluftbereich, ländlicher Atmosphäre, mittelalterlichen Hausmodellen und alten Haustierrassen und macht darüber das alltägliche Leben der ersten Berliner erlebbar. Und das mit allen Sinnen, wenn der Gürtel aus im Dorf selbstversponnener Schafwolle und mit Pflanzenfarben gefärbt um die Hand geschlungen oder das Schmalz des im Dorf gezogenen und geschlachteten Schweins probiert werden kann. Die zwei zur Veranstaltung mitgebrachten Tontöpfe standen anhand ihrer unterschiedlichen Bodenform, rund aus deutscher und eckig aus slawischer Herstellung, für das gemeinsame Leben von Slawen und Deutschen im mittelalterlichen Dorf.
Die Schwartzsche Villa, in direkter Nähe zur Schloßstraße mit Café inmitten grüner Oase gelegen, brachte eine gute Nachricht mit: Ab 2019 wird sie das Gutshaus Steglitz für ihre kulturellen Veranstaltungen von der Ausstellung über Lesung und Vortrag bis zum Konzert mit nutzen.
Von der Domäne Dahlem fußläufig nur wenige Schritte entfernt liegt das Martin- Niemöller-Haus (MNH), das als selbstständiger Verein nach umfangreichen Sanierungsarbeiten kürzlich wiedereröffnet wurde. Einerseits erinnert es an den Kirchenkampf und christlich motivierten Widerstand gegen das NS-Regime, andererseits erzählt es die Geschichte der Bekennenden Kirche Dahlems. Mit breitem Veranstaltungs- und Bildungsangebot will das Haus in seiner generationsübergreifenden Arbeit den Wandel politischer, religiöser und kultureller Themen deutlich machen und dabei über Grenzen gehen. Derzeit wird der Garten neu gestaltet.
Erfreut über die belebende Zusammenarbeit der 13 Kultureinrichtungen erklärte Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski in Hinsicht auf das hohe Natur- und Kulturpotential des Bezirks, das es hervorzuheben gelte: „Wir sind kein Party-Bezirk und wollen es auch nicht werden.“ Vielmehr sehe sie, die bereits als Bezirksstadträtin mit dem „Kulturtag jenseits von Mitte“ auf eine Zusammenarbeit der Kultureinrichtungen hingearbeitet habe, im Kulturkorso auch kulturwirtschaftlich eine große Chance für den Bezirk, in Verbindung mit der Dahlem-Radroute und der geplanten Wannsee-Babelsberg-Route.
Michael Pawlik, Leiter der prozessbegleitenden Wirtschaftsförderung des Bezirks erklärte: „Ich hoffe, dass die Zusammenarbeit der Kultureinrichtungen Früchte trägt und das Netzwerk weiter wächst.“
Weitere Informationen unter www.kulturkorso.berlin
Jacqueline Lorenz
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