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Historische Postsachen erzählen Friedenauer Postgeschichte

Exponat des Monats – vorgestellt vom Schul- und Stadtteilmuseum Friedenau

Archiv fbs
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Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Dezember 2018
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Friedenau gehörte im 19. Jahrhundert zum Rittergut Deutsch-Wilmersdorf. Die wenigen Bewohner dieses Gutes holten sich ihre Post bei dem damals bereits bestehenden Postamt Schöneberg ab, wo täglich im Schalterraum eine Entkartungsliste mit sämtlicher eingegangenen Post aushing. In den Jahren 1871/72 wurde Wilmersdorf-Friedenau von einem gemeinnützigen Siedlungsverein gegründet. Bereits 1872 konnten die ersten Häuser der neuen Siedlung bezogen werden.

Die Post ist da

Am 1. Juli 1874 wurde Friedenau selbstständig und nannte sich fortan nur noch Friedenau. In der Anfangszeit fuhr täglich einmal die Postkutsche zum Lauterplatz. Dort wurde die Post vom Postillion direkt an die Einwohner verteilt. Da der Ort infolge seiner verkehrsgünstigen Lage an der Straße nach Potsdam sehr schnell anwuchs, wurde es bereits 1874 nötig, die erste selbstständige Postagentur einzurichten. Sie nannte sich Stadtpostexpedition 57 Berlin W Friedenau. Diese Agentur II. Klasse zog zuerst in das Haus Lauterstraße 17 ein und siedelte kurz darauf in die Hedwigstraße um. Da die Räume den ständig wachsenden Anforderungen nicht mehr genügten, zog das Postamt 1894 in das Haus Rheinstraße 4 Ecke Niedstraße. Zugleich wurde das Postamt umbenannt in Berlin-Friedenau.

In jener Zeit wurde die Post siebenmal täglich von der Wannseebahn mit Wagen abgeholt, und auch die abgehenden Sendungen wurden ebenso häufig täglich dort aufgeliefert.

1907 wurde es notwendig, eine Postzweigstelle in der Cranachstraße zu eröffnen, weil die Einwohnerzahl bereits 11.897 Personen zählte. Dieses Postamt erhielt die Bezeichnung Friedenau II. Dem Hauptpostamt wurde zur Unterscheidung die Bezeichnung Friedenau I gegeben.

1914 entstand der Plan, ein neues Hauptpostamt Friedenau zu errichten. 1915 wurde der Bau des Hauptpostamtes an der Handjerystraße 33-36 Ecke Schmargendorfer Straße 27-29 begonnen. Trotz der durch den ersten Weltkrieg entstandenen Schwierigkeiten konnte das Postamt von der Rheinstraße im Jahre 1918 nach hier umziehen.

Im Jahre 1930 wurde die Postnebenstelle Steglitz II in Berlin-Friedenau III umgewandelt und in die Bornstraße 1 verlegt, wo sie während des Zweiten Weltkrieges einem Fliegerangriff zum Opfer fiel. Am 3.10.1955 wurde dieses Postamt im Hause Bundesallee 96 neu eröffnet.

Leider gingen bei dem Einmarsch der Roten Armee im Jahr 1945 alle Unterlagen des Hauptpostamtes Friedenau aus den Anfangsjahren verloren. So ist nicht mehr möglich festzustellen, wie viel Personal die erste Poststelle hatte, wann der erste Briefträgerbezirk entstand und welche Straßen dieser umfasste. 1878 wurde der Telegraphenbetrieb in der Postagentur aufgenommen. 1904 wurde in der Niedstraße der Fernsprechdienst nach Wilmersdorf und Steglitz eröffnet, dazu kam 1907 die Inbetriebnahme der Rohrpost, die damals mit Schöneberg und Steglitz verbunden war.

Damals war´s – prompte Postzustellung

Heute ist die ehemalige Friedenauer Hauptpost nur noch eine Filiale der Postbank. Das Gebäude gehört der PSD Bank Berlin-Brandenburg.

Der älteste vorgestellte Stempel stammt vom 13.03.1879. Das Postamt trägt die Bezeichnung „Berlin W. Friedenau“.

Oft wurde die Adresse für heutige Vorstellungen unvollständig angegeben. 1897 fand jeder Postbote auch ohne Hausnummer den Weg zu dem Gemeindeverordneten Dr. med. Friedrich Bache, der in der Handjerystraße 88 wohnte.

Unglaublich sind auch die Beförderungsgeschwindigkeiten: Ein Brief, der am 4.12.1890 zwischen 10 und 11 Uhr vormittags in Friedenau aufgegeben wurde, erreichte seinen Empfänger in der Berliner Friedrichstraße noch am selben Tag im Zeitraum von 14.30 – 15.30 Uhr. Auch ins Ausland ging es oft flott voran. Eine Karte nach Wien, in Friedenau am 3.09.1894 zwischen 9 und 10 Uhr vormittags aufgegeben, wurde dem Empfänger am nächsten Tag um 11.30 Uhr zugestellt. – Beförderungszeiten, von denen heutige Postkunden nur träumen können.

Wer einen Blick in die Sammlung historischer Postsachen aus Friedenau werfen möchte, kann unter der Telefonnummer 90277 – 7910 einen persönlichen Besuchstermin vereinbaren. Der Leiter der AG „Junge Historiker“, Alexander Bauwe, führt gerne durch die Sammlung.

AG „Junge Historiker“/Lo

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