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Kammermusiksaal Friedenau

Wo Freunde Alter Musik zusammenkommen

Ensemble Baroque der UdK Berlin. Foto: UdK
Ensemble Baroque der UdK Berlin. Foto: UdK
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Februar 2017
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Eine wichtige musikalische Facette, die Alte Musik, hat in dem wilhelminischen großbürgerlichen Wohnhaus in der Isoldestraße 9 ein originalgetreues Umfeld gefunden, um als Unterrichts- und Aufführungsstätte Studenten, Künstler und Publikum in stilvollem Ambiente aufzunehmen. Der Kammermusiksaal Friedenau liegt im Erdgeschoss des zwischen 1905 und 1907 von Ladislaus Nowak erbauten Wohnhauses, das als „Kronprinzenhaus“ Elemente des Neo-Barock und Jugendstil aufweist.

Hier bereiten sich Studenten vom „Institut für Alte Musik“ der Universität der Künste (UdK) Berlin mit alten Instrumenten auf ihre Prüfungen vor, proben Solisten und Ensemble für ihre Auftritte und genießen Liebhaber der Alten Musik auf Veranstaltungen ganz besondere musikalische Leckerbissen, die Cembalo, Traversflöte & Co darbieten.

Auch für Vortragsreihen und Ausstellungen bildender Künstler wird der Saal genutzt, in dem bis zu 100 Gäste Platz finden. Doch wesentlich näher am Künstler fühlt sich das Publikum, wenn der Raum nicht maximal besetzt ist. Die Akustik verbessert sich mit Anstieg der Personenzahl im Saal, auf moderne akustische Konstruktionen wurde bewusst verzichtet, um die auf ursprünglichen Instrumenten gespielte Alte Musik aus Barock, Klassik und Romantik möglichst authentisch wiederzugeben. Die verzierten alten Cembali, Klavichorde, Klaviere und Flügel – Ohren- und Augenweide zugleich – sind Leihgaben oder gespendet, überwiegend gebaut bis zum Jahr 1860.

Wie alles begann…

1985 begannen die beiden Freunde und Musikprofessoren für historische Tasteninstrumente und Generalbass, Bradford Tracy von der Hochschule den Künste und Rolf Junghanns von der Schola Cantorum Basiliensis, mit der Renovierung des alten Saales und bauten ihn zum Konzertsaal um. Zuvor hatten sie ihre Lebensversicherungen aufgelöst, um die Kosten dafür decken zu können. Tracy erklärte damals: „Wir wollen Musik so präsentieren, wie sie zu ihren Entstehungszeiten zwischen 16. und 19. Jahrhundert geklungen hat.“

Am 7. April 1986 wurde der Kammermusiksaal Friedenau in einem Festkonzert mit J. S. Bach, Weber, Mozart und Beethoven für Hammerflügel und Cembalo aus der Sammlung historischer Instrumente der beiden Musikfreunde feierlich eingeweiht. Tracy gründete 1986 die „Friedenauer Kammerkonzerte“ und starb bereits ein Jahr später, nur sechs Jahre danach Junghanns.

Beider Vision, mit Hilfe der Instrumentensammlung in geeigneter, der Kammermusik würdiger Atmosphäre zu musizieren und diese Alte Musik darüber hinaus einem interessierten Publikum zugänglich zu machen, wurde Wirklichkeit.

…und weitergeht

Um das Werk der beiden Gründer weiterzuführen, werden die Friedenauer Kammerkonzerte seit dem Jahr 1994 vom Förderverein, der „Gesellschaft der Freunde der Friedenauer Kammerkonzerte e. V.“, und ihren Mitgliedern ehrenamtlich organisiert, Spenden sind dafür unverzichtbar und willkommen. Auch wenn der Saal im Laufe der Jahre ein ständiges Auf und Ab erlebte, ging es immer weiter, „dank vieler guter Seelen und eines Hausbesitzers, der eine wahre Perle ist“, wie Vereinsvorsitzende Natalie Pfeiffer, Cembalistin und Dozentin für Alte Musik, betont.

Am Wochenende veranstaltet der Verein als Untermieter des Early Music Society Berlin e. V. im Saal Kammerkonzerte mit namhaften Ensembles und Solisten. Die Eintrittspreise liegen bei 16/10/5 Euro. Weiterer Saal-Untermieter ist die UdK Berlin, die hier von Montag bis Donnerstag mit ihrem Institut für Alte Musik Studenten unterrichtet und auf ihre Prüfungen vorbereitet. Als Hauptmieter fungiert der gemeinnützige Early Music Society Berlin e. V., der sich 2011 aus Musikern, Musikwissenschaftlern UdK-Lehrenden und Liebhabern Alter Musik gründete, um dem Kammermusiksaal und seiner Aufgabe eine Zukunft zu geben; mit dem Zweck der Förderung von Kunst und Kultur auf dem Gebiet der Alten Musik. Er ist auch Veranstalter des Berliner Bach Wettbewerbes.

Von der Lernenden zur Lehrenden

Natalie Pfeiffer lernte den Kammermusiksaal mit seiner Alten Musik im Publikum an der Seite ihres Vaters kennen und lieben. Besonders faszinierte sie schon damals das Cembalo mit seinen Möglichkeiten. Natalie spielte zuerst Klavier und Blockflöte, trat im Schultrio auf. Als ein Vater von Freunden auf ihr außergewöhnliches Talent aufmerksam wurde, bekam sie zuerst einen Cembalo-Bausatz und dann Unterricht. Später studierte Natalie mit der Alten Musik Generalbass und Cembalo dort, wo sie einst im Publikum gesessen hatte, im Kammermusiksaal Friedenau. Sie wurde Cembalistin und Dozentin.

Natalie erzählt: „Mit der Alten Musik einen krisensicheren Beruf zu finden, ist nicht leicht. Es ist eine Berufung, mit dieser Musik zu leben, sie zu lieben.“ Gerade als sie aus wirtschaftlichen Gründen überlegte, in einen anderen Beruf zu wechseln, erhielt sie einen Lehrauftrag beim Institut für Alte Musik. Nun spielt sie und unterrichtet in dem Kammermusiksaal mit den hellblauen Vorhängen hinter schmiedeeisernem Zaun Studentinnen wie Yu Ma an der Traversflöte. Die junge Frau studiert seit 1 ½ Jahren an der UdK Berlin, kam aus Taiwan nach Deutschland, „weil dieses Land eine so große Geschichte Alter Musik besitzt und viel mehr Erfahrung in der Barockmusik als Taiwan hat.“ In Taiwan studierte sie Querflöte, begann mit acht Jahren an der Musikschule mit dem Spielen. Jetzt bereitet sie sich, begleitet von Natalie Pfeiffer am Cembalo, auf ihr Prüfungskonzert im Februar vor. Beide proben in der Unterrichtsstunde u. a. eine Bach-Sonate in C-Dur und ein Stück von Kirnberger, spielen sich dabei die musikalischen Bälle zu, dass es für alle eine wahre Freude ist: Leise Improvisationen fließen mit ein, der Notentext dient dabei als Vorlage, ein Dialog zwischen den Instrumenten entspinnt. Artikulation spielt in der Alten Musik, die die Epochen des Mittelalters, der Renaissance, des Barock und der Klassik umfasst, eine wichtige Rolle.

Als berufener Ort, sie zu bewahren und auch an junge Generationen weiterzugeben, ist der Kammermusiksaal Friedenau aus Berlin und seinem Musikgeschehen inzwischen nicht mehr wegzudenken.

Weitere Informationen, Veranstaltungen der Friedenauer Kammerkonzerte und Kartenreservierungen unter www.kammermusiksaal-friedenau.de und Telefon 030 – 859 19 25.

Jacqueline Lorenz

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