Erschienen in Gazette Zehlendorf März 2019
Interessante und bemerkenswerte Dinge haben die dicken Mauern der 1912 erbauten Villa an der Altensteinstraße 40/Ecke Fabeckstraße in Berlin-Dahlem während der letzten über 100 Jahre schon erlebt.
Doch jetzt zieht frischer Gründergeist durch die Räume des grundsanierten, in freundlichem Weiß erstrahlenden Hauses.
Wo zuerst im Königlichen Astronomische Rechen-Institut mit Zahlen jongliert worden war und später nach dem Zweiten Weltkrieg amerikanischer Streitkräfte im Clubhaus „Melodie“ zu heißen Rhythmen gerockt hatten, geben nun innovative Gründerideen à la Freie Universität Berlin den Ton an und entstehen Unternehmen von morgen. Beratend begleitet werden sie dabei vor Ort von Profund Innovation, der Service-Einrichtung zur Förderung von Unternehmensgründungen und Innovationen der Abteilung Forschung der Freien Universität Berlin. Seit dem Jahr 2006 hat Profund Innovation immerhin 160 Firmengründungen begleitet, von denen noch etwa 70 Prozent am Markt sind.
In direkter Nachbarschaft zum zukünftigen Technologie-und Gründungszentrum FUBIC und in unmittelbarer Nähe zum Campus der zu den 22 anerkannten Gründerhochschulen Deutschlands zählenden Freien Universität Berlin wächst hier eine neue Gründerkultur heran. In ein paar Jahren schon wird sie auf dem frisch belebten FUBIC-Gelände an der Fabeckstraße in Form junger Technologie-Unternehmen den nötigen Raum zur Entfaltung finden und zur Knüpfung einer festen Wertschätzungskette beitragen; – auch wenn auf dem ehemaligen US-Militärkrankenhaus-Gelände, für dessen Neubebauung und Betrieb die Wista-Management GmbH zuständig ist, gerade erst die Abrissarbeiten beginnen.
Eine öffentliche Informationsveranstaltung zur Gelände-Zukunft ist für Mai 2019 in Planung.
Noch fehlt ein zugkräftiger Name für die Villa, aber als „Startup-Inkubator“ und „Hotspot der Innovationen“ ist sie in der Gründerszene bereits bestens bekannt.
1951 residierte hier – nach der Übergabe an die Freie Universität Berlin – das Friedrich-Meinecke-Institut, dann hatte die Universitätsleitung von 1973 bis 1995 ihr Büro in der Villa, später war sie Sitz der Islam- und Religionswissenschaften.
Profund-Leiter Steffen Terberl erklärt: „ Derzeit ist hier im Haus noch vieles im Entstehen. Das Gebäude ist zwar noch nicht ganz fertig, aber funktioniert in den Grundzügen gut und wird sich mit der Entwicklung der Gründerbedarfe weiter entwickeln.“ Dass es keine Probleme mit dem Internet gibt, ist unverzichtbar für die hier angekommenen Gründer, von denen viele einen internationalen Hintergrund haben. Bei ihnen und ihren Förderern blickt man in zufriedene Gesichter über das neue Haus. Ursprünglich über den gesamten Universitätscampus verstreut, sind Profund und Gründer sich nun in der denkmalgeschützten Villa vernetzungsfreundlich näher gerückt.
Durch die behutsame Haus-Sanierung ist ein ganz besonderer Charme entstanden:
Aufgearbeitete schmiedeeiserne Geländer und Wandverzierungen heben sich dezent gegen sachlich moderne Einrichtungsgegenstände wie Hängelampen und Büromöbel ab, bilden aber dennoch eine reizvolle Einheit. Die über drei Stockwerke verteilten Räume sind hell und lichtdurchflutet. Das Dachgeschoss erhielt durch geschickte Deckenführung deutlich mehr Nutzfläche mit viel Höhe und Raum zum Atmen.
Die Gründerteams im Haus erwarten rund 100 fortschrittliche Arbeitsplätze in 21unterschiedlich großen Büros. 18 Büros sind bereits mit 19 Gründerteams belegt.
Je nach Gründungsbereich und –thema nutzt ein Team das Raumangebot zwischen sechs Monaten und etwa vier Jahren. Auch aus Reihen der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und Charité besteht lebhaftes Interesse.
Mitfinanziert aus Fördermitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, unterstreichen gut ausgestattete Teeküchen und Gemeinschaftsräume das Gefühl des Miteinanders. Und im rund160 Quadratmeter umfassenden Coworking Space, der – wie im ganzen Haus – mit moderner Technik, flexibler Bestuhlung, Stellwänden, 3D-Druck-Werkstatt und schallschluckenden Vorhängen variabel nutzbar ist, lassen sich in repräsentativer Atmosphäre größere Seminare ebenso bedarfsgerecht abhalten wie Arbeitstreffen kleinerer Gründerteams.
Im Coworking-Bereich ist Teilzeitnutzung möglich. „Je nach Nutzungsvereinbarung“, wie Steffen Terberl erklärt. Er sieht es als hohes Zeichen der Wertschätzung, dass in die Sanierung der Gründer-Villa so viel investiert wurde.
Mit Frühjahrsbeginn wird auch der Außenbereich der Villa weiterentwickelt werden, der dann auf der geräumigen Terrasse gerade für die warme Jahreszeit weitere begehrte Arbeitsplätze an frischer Luft bereitstellt.
Tür an Tür mit dem 13-köpfigen Beraterteam der Profund Innovation in der 1. Etage wird vor Ort im grünen Berliner Südwesten bester Wissens- und Technologietransfer „von der Forschung auf den Markt“ praktiziert. Dabei ist das fachkompetente Gründerförderteam für die jungen Wissenschaftler ein wichtiger Ansprechpartner auf Augenhöhe, wenn es um die Entwicklung ihrer Forschungsideen, um die Gründung von Startups und Spin-Offs oder um die Verwertung von Forschungsergebnissen sowie um die Finanzierung und die Suche von Büroräumen geht.
Gut angekommen in seinem neuen Büro und in der Gründerszene des Inkubators ist auch das vierköpfige „Inspirient“-Startup-Team um Dr.Georg Wittenburg, der im Bereich Computer Sciences promoviert hat. „Wir finden hier im Haus in direkter Nachbarschaft zu Profund alles, was wir derzeit brauchen und haben endlich etwas mehr Platz“, sind sich die Vier einig. Die von ihnen entwickelte Datenanalyse soll branchenübergreifend Zeit und Kosten sparen helfen: Gesammelte Datentabellen müssen nicht mehr in tagelanger Auswertungsarbeit manuell durchgesehen werden: Vielmehr übernimmt diese Arbeit die künstliche Intelligenz. Entscheidende Datenabweichungen werden so nicht mehr übersehen, Prozesse schneller erfass- und korrigierbar. Den Markt mit ihrer Innovation schon bald zu erobern, daran arbeiten auch sie akribisch, unterstützt von Profund.
Ein kleiner Wermutstropfen im Gründer-“Brutkasten“ findet sich für alle dann doch: So lässt die Infrastruktur rund um die Villa in der Altensteinstraße zu wünschen übrig. „Lokalität oder Bistro mit zivilen Preisen in direkter Haus-Umgebung als Treffpunkt für junge Gründer fehlt hier dringend“, betont Steffen Terberl. Bäcker und Lebensmittelgeschäft suche man in der Nähe der Villa ebenso vergebens.
Und das gut besuchte „Gasthaus Fabecks“ gleich gegenüber der Villa ist seit seiner Schließung Anfang März nun auch Geschichte.
Weitere Informationen unter www.profund.fu-berlin.de
Jacqueline Lorenz
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