Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal Juni/Juli 2019
Der Besuch des Hauptausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses im Botanischen Garten Berlin führte den Abgeordneten den hohen Sanierungsbedarf, vor allem im Gewächshausbereich, deutlich vor Augen. Schwerpunkt des Besuchs am 10. April waren die über 100-jährigen denkmalgeschützten Schaugewächshäuser. Berlins Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung Steffen Krach begleitete die Abgeordneten aller Fraktionen auf ihrem Rundgang.
Rund 174 Millionen Euro sind für die bauliche Sanierung des Berliner Botanischen Gartens und Botanischen Museums erforderlich. Zu diesem Ergebnis kommt ein 2018 erstelltes Gutachten im Auftrag der Freien Universität Berlin. Für die Schätzung des mittelfristigen Gesamtinvestitions-Bedarf der baulichen Sanierung wurde die gesamte Einrichtung mit allen Gebäuden vom Botanischen Museum bis zum Gartenzaun vom Ingenieurbüro rheform – EntwicklungsManagement GmbH begutachtet. Dieses Gutachten wurde in Ergänzung zu der rheform-Studie beauftragt, in der der bauliche Sanierungsbedarf an allen Berliner Hochschulen ermittelt wurde: In der rheform Studie für alle Berliner Hochschulen wurde ein Sanierungs- und Investitionsbedarf von 3,2 Milliarden Euro ausgewiesen. Hiervon entfallen etwa 30 Prozent allein auf die Freie Universität, für die damit einschließlich der Gelder für den Botanischen Garten ein Gesamtsanierungsbedarf in Höhe von 1,3 Milliarden Euro besteht.
Die Schaugewächshäuser stellen ein 15 Gewächshäuser umfassendes Ensemble dar, in dessen Zentrum das bekannte Große Tropenhaus bis 2009 bereits denkmalschutzgerecht und energetisch grundsaniert und das Victoriahaus im Sommer 2018 nach modernen Standards wiedereröffnet wurden. Die übrigen Teile des Ensembles müssen jedoch noch saniert werden.
Das Mittelmeerhaus zeigt starke Korrosionsschäden am Stahltragwerk und sehr starke Schäden an den Stehwandfenstern aus Holz. Im Jahr 2018 drohten die Lüftungsflügel des Mittelschiffes herabzustürzen und für Besucher und Beschäftigte gefährlich zu werden. In einer Notbaumaßnahme der Technischen Abteilung der Freien Universität Berlin wird die akute Gefahr gegenwärtig beseitigt. Aus Sicherheitsgründen muss das Mittelmeerhaus jedoch ab einer Windstärke 8 geschlossen werden. Rund 18 Millionen Euro sind für die denkmalschutzgerechte und energetische Sanierung des Mittelmeerhauses erforderlich.
Das mit Jugendstilelementen verzierte und mit seinen zwei Glastürmchen an eine dreischiffige Kathedrale erinnernde Mittelmeerhaus wurde in den Jahren 1903 bis 1908 erbaut. Es zeigt hauptsächlich Pflanzen der Mittelmeerregion und der Kanarischen Inseln. Es werden typische Landschaften dieser Regionen präsentiert, wie die Lorbeer- und Hartlaubwälder sowie die buschförmigen Macchien und Garigues. Das Mittelmeerhaus ist bereits seit 2001 ein besonders schöner Ort in Berlin, um standesamtlich zu heiraten (in Kooperation mit dem Standesamt Steglitz-Zehlendorf).
Fast ebenso marode sind die bis 1909 gebauten Schaugewächshäuser wie das Aronstab-Gewächshaus (Haus B), das Tropische Nutzpflanzenhaus (Haus C) und das Farnhaus (Haus F). Die außenliegenden genieteten Stahl-Traggerüste zeigen zunehmende Korrosionsschäden. Die Verglasung ist undicht, und der Energieverbrauch ist hoch. Diese drei Gewächshäuser zählen zu den ganzjährig über 22 Grad Celsius beheizten sogenannten Warmhäusern und zeigen spezielle Pflanzengruppen oder Themen der Tropen.
Der Botanische Garten Berlin ist einer der drei bedeutendsten Botanischen Gärten weltweit und der größte in Deutschland. Als Wissenschaftsstandort genießt er einen international anerkannten Ruf. Seine mehr als 300-jährige Tradition als Ort wissenschaftlicher Pflanzensammlungen und als Ort des Wirkens bedeutender Wissenschaftler, Gärtner, Architekten und Bauherren weist ihn zugleich als herausragendes kultur-und wissenschaftsgeschichtliches Denkmal aus. Die steigenden Besucherzahlen im Botanischen Garten Berlin auf derzeit mehr als 450.000 Besucher jährlich belegen die Bedeutung als wichtigen Erholungs- und Bildungsort der Hauptstadt.
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