Erschienen in Wannsee Journal Juni/Juli 2019
Die Städtepartnerschaft zwischen Zehlendorf – heute Steglitz-Zehlendorf und der Stadt Cassino wurde 1969 geschlossen. Im Jahr 2009 feierten Vertreter beider Partner das vierzigjährige Jubiläum in Cassino.
Die Städtepartnerschaft schloss man auf Anregung des damaligen Bürgermeisters aus Cassino, Dottore Ferraro. Er sah viele Parallelen im Schicksal der beiden Städte und schlug mit dem Blick auf den deutschen Soldatenfriedhof in Cassino und den italienischen Soldatenfriedhof in Berlin eine Städtepartnerschaft vor.
In den Jahren danach fanden zahlreiche Jugendaustauschprojekte statt, zunächst auf sportlicher Ebene mit dem Verein Z88. Seit 1986 hat Gisela Pflug – damals Lehrerin, heute Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins Steglitz-Zehlendorf, Schüleraustauschprojekte durchgeführt – bis 2003 mit dem Arndt-Gymnasium und dann mit dem Hermann–Ehlers-Gymnasium. Nach der Pensionierung von Frau Pflug wurden diese von einer Kollegin fortgesetzt. 2012 wurde Gisela Pflug als Dank für ihr Engagement in der Partnerschaft Ehrenbürgerin Cassinos. Sie hat seit 2014 vier Bürgerreisen nach Cassino und in die weitere Umgebung organisiert und geleitet, so dass man sagen kann, dass Cassino neben Charkiv in der Ukraine die ausländische Partnerstadt mit dem engsten Kontakt ist.
Auch die Bezirkspolitiker treffen alle paar Jahre bei Festen auf ihre Partner aus Cassino. Leider gibt es in Cassino viele politische und finanzielle Probleme, so dass die Jubiläumsfeier zum 50. Bestehen der Partnerschaft, die hier in Steglitz-Zehlendorf stattfinden sollte, nicht wie geplant im Mai 2019 veranstaltet werden konnte.
Cassino hat zur Zeit weder einen Bürgermeister noch ein Stadtparlament. Im März wurde das Parlament aufgelöst. Neuwahlen sollten am 26. Mai stattfinden. Der Partnerschaftsverein hofft, dass dort bald wieder geordnete Verhältnisse herrschen, und die Feierlichkeiten dann nachgeholt werden können.
Im Gegensatz zum jungen Berlin kann Cassino auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die Stadt im Latium, ca. 130 km südöstlich von Rom, wurde erstmals als „Casinum“ in der Zeit des 2. Punischen Kriegs, der von 218 bis 201 v. Chr stattfand, erwähnt. In der Römerzeit hieß die Stadt am Fuß des Berges Montecassino Cassinum. Die Stadt hatte schon in der Antike ein Amphitheater, Tempel und ein Theater. Die Bewohner wurden durch eine Stadtmauer geschützt. Die viel fotografierte und bei Touristen beliebte Abtei Montecassino erbauten die Benediktiner erstmals im Jahr 529 n. Chr. Sie wurde mehrfach zerstört, erst durch die Langobarden im Jahr 577, dann durch die Sarazenen, die die Stadt und das Kloster 883 angriffen. In Cassino wurde auch Geschichte geschrieben – 1230, als die Stadt San Germano hieß, trafen sich hier der Stauferkaiser Friedrich II. und Papst Gregor IX., um einen leider brüchigen Frieden zu schließen.
Auch die jüngere Geschichte hinterließ Spuren in Cassino: Während des Zweiten Weltkriegs zerstörten Bomben der Alliierten die Stadt. Deutsche Truppen besetzten den Montecassino, in der anschließenden Schlacht gegen die Alliierten wurde die Stadt völlig zerstört. Sie zählt zu den blutigsten Schlachen des Zweiten Weltkriegs. Auch das Kloster wurde durch die Bomben zerstört, was für eine Verstimmung zwischen dem Vatikan und den Alliierten sorgte.
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