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Eine Künstlerin aus Lichterfelde

Gedenkausstellung zum 80. Geburtstag von Gisela Breitling

Gisela Breitling ca. 1986. Foto: Helga Satzinger
Gisela Breitling ca. 1986. Foto: Helga Satzinger
Erschienen in Lichterfelde West Journal Juni/Juli 2019
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Gisela Breitling wurde 1939 als zweitältestes Kind in der Geraer Straße in Berlin-Lichterfelde geboren. Auch wenn sie aufgrund des Kriegsausbruchs mit ihrer Familie nach Lindau am Bodensee zog, blieb sie Lichterfelde für den Rest ihres Lebens zutiefst verbunden und war auch regelmäßig in der Petruskirche anzutreffen.

Nach ihrem Diplom als Textilingenieurin inspirierten sie Reisen nach Italien zu einem Kunststudium an der Hochschule der bildenden Künste in Berlin. Ab 1960 entstanden zahlreiche grafische und druckgrafische Arbeiten, die schon damals in Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt wurden und die teilweise in der aktuellen Ausstellung wiederzufinden sind. Mit einem Stipendium des Institut Français in Berlin reiste die Künstlerin nach Paris und lernte an der École des Beaux Arts die Technik des Kupferstiches. Anfang der 1970er-Jahre begann Gisela Breitling auch als Malerin im Umfeld der Kunstrichtung des Phantastischen Realismus tätig zu werden. Später war sie an einem der ersten feministischen Ausstellungsprojekte, „Künstlerinnen International 1877-1977“, in Berlin beteiligt.

Nach einem einjährigen Studienaufenthalt im Rahmen eines Stipendiums an der Villa Massimo in Rom, begann sie sich intensiv mit der Malerei der Renaissance zu beschäftigen. Dies prägte ihren Malstil maßgeblich und erhob sie endgültig zur Malerin. Zurück in Berlin – inzwischen lebte sie gemeinsam mit ihrer Schwester wieder in ihrem Elternhaus in der Geraer Straße in Lichterfelde – galt ihr Interesse fortan historischen Künstlerinnen, deren Werke in der Kunstgeschichte unsichtbar zu sein schienen. 1980 veröffentlichte sie ihr erstes Buch „Die Spur des Schiffs in den Wellen – Eine autobiographische Suche nach den Frauen in der Kunstgeschichte“. Neben ihrem malerischen Oeuvre entstand nun auch ein umfangreiches literarisches Werk, welches sich vornehmlich mit der kaum existenten Wahrnehmung der Frauen in der Kunstgeschichte auseinandersetzte. Anfang der 1980er-Jahre wurde Breitling so zu einer wichtigen Vertreterin des Feminismus jener Zeit.

Nach umfangreichen Recherchen nach dem Verbleib von Werken europäischer Künstlerinnen in den Depots einiger Berliner Museen, realisierte sie 1987/88 mit Evelyn Kuwertz das Ausstellungsprojekt „Das Verborgene Museum“ in der Akademie der Künste. Ziel war es, die Kunst von Frauen wieder sichtbar zu machen. Später entstand aus dem Ausstellungsprojekt der gleichnamige Verein, an dessen Gründung Gisela Breitling maßgeblich beteiligt war. Ihr Engagement machte sie zu einer angesehenen feministischen Denkerin, die auch heute noch von jungen Kunstschaffenden bewundert und rezitiert wird.

1987 gewann Gisela Breitling den Wettbewerb zur künstlerischen Ausgestaltung des Turmes der St. Matthäuskirche am Kulturforum in Berlin. Sie erarbeitete ein umfangreiches Bildprogramm auf Grundlage der Texte des Matthäusevangeliums. Ihre zeitgenössische bildnerische Interpretation des Evangeliums zeigte ihr ganzes malerisches Können. Vorstudien und Skizzen aus diesem umfangreichen Bildzyklus werden ebenfalls in der Gedenkausstellung gezeigt. Nach diesem Großprojekt wandte sich die Künstlerin überwiegend Stillleben und Porträts zu, die sie u. a. 1993 in der Ausstellung „Pendant perdu. Selbstbildnisse Berliner Künstlerinnen“ in der Petruskirche ausstellte.

Gisela Breitlings Werke sind weltweit in renommierten Sammlungen vertreten. Als Anerkennung ihres unermüdlichen Engagements für die Gleichstellung von Frauen in der Kunstwelt wurde ihr im Jahr 2001 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.

Die Künstlerin wäre am 27. Mai 2019 achtzig Jahre alt geworden. Sie starb vergangenes Jahr in einem Pflegeheim in Berlin-Lankwitz. Für ihre Familienangehörigen, die nach wie vor in Gisela Breitlings Geburtshaus in Lichterfelde leben, ist die Ausstellung in der Petruskirche eine große Herzensangelegenheit: Ganz im Geiste ihrer fast vergessenen Vorgängerinnen in der Kunstgeschichte, möchten sie, dass Gisela Breitlings Werk auch nach ihrem Tod die gebührende Aufmerksamkeit erfährt.

Die Ausstellung der Werke von Gisela Breitling sind bis 16. Juni – eventuell länger – in der Petruskirche am Oberhofer Platz zu sehen. Öffnungszeiten jeweils zur Offenen Kirche, mittwochs und samstags von 10 bis 13 Uhr sowie vor und nach allen Veranstaltungen.

Titelbild

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