Erschienen in Gazette Steglitz und Zehlendorf Juni 2019
Seit längerer Zeit bereits plant der Bezirk den Ausbau des Standortes der ehemaligen Lungenklinik Heckeshorn. Mittlerweile aber präferiert der Senat Pläne für den Ausbau von Gebäuden für 700 Geflüchtete und ein Wohngebiet für 500 Menschen. Da das Bezirksamt bei seinen Plänen bleibt und sich geweigert hat, der Forderung des Senats nach Aufstellung eines diesbezüglichen Bebauungsplans nachzukommen, hat der Senat das Planungsverfahren an sich gezogen. Im Folgenden nehmen die Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf zu diesem Thema Stellung.
Anfang des Jahres kam seitens des Senats (verantwortlich: Frau Lompscher, Linke) die Anweisung, einen Bebauungsplan aufzustellen, der zu einer Unterbringung von bis zu 1500 Flüchtlingen führen kann. Wir und das Bezirksamt weigern uns, einen solchen Bebauungsplan aufzustellen. Wir halten einen solchen Plan, der nicht dem aktuellen Flächennutzplan folgt, für rechtswidrig. Die Senatorin will den Bürgern ihre Beteiligungsrechte am Flächennutzungsplan vorenthalten. Eine so hohe Anzahl an Flüchtlingen in einer abgeschiedenen Wohnlage kann nur zu Konflikten führen. Es steht keine Infrastruktur zur Integration zur Verfügung, die vorhanden Einrichtungen sind bereits überlastet. Kapazitäten in Schulen, Kitas, ärztlicher Versorgung und Verkehrsanbindung sind mittelfristig nicht herstellbar. Der Standort muss überdies im Rahmen der wachsenden Stadt als Gesundheitsstandort erhalten bleiben, der Bedarf ist bereits vorhersehbar, die Planung hat sich daran zu orientieren. Im Gegensatz dazu bestehen weiter freie Kapazitäten in bereits errichteten Flüchtlingsunterkünften, einzelne Einrichtungen warten sogar dringend auf eine Nachbelegung. Torsten Hippe
In den letzten Jahren wurde die Nutzung des ehemaligen Klinikgeländes in der Öffentlichkeit stark diskutiert. Eine Weiterentwicklung des Geländes durch den Bezirk unter Einbeziehung der aktuell notwendigen Nutzung als Unterkunft für Geflüchtete erfolgte allerdings nicht. Auch nach Aufforderung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wurde dies nicht in Angriff genommen. Die Situation wurde ausgesessen bis die Senatsverwaltung das Verfahren an sich gezogen hat. Auch wenn nun für uns als Bezirksverordnete die direkte Einwirkung auf das Verfahren nicht möglich ist, ist es umso wichtiger, dass wir die Debatte weiterführen. Dabei sollte auch die Machbarkeitsstudie der BIM als Planungsgrundlage einbezogen werden. Das Ziel muss die Erstellung einer bezirklichen Position sein, die wir gegenüber dem Senat vertreten können. Es ist an der Zeit, nach vorne zu schauen. Wir als SPD-Fraktion werden uns weiter dafür einsetzen, dass das Gebiet entwickelt wird – unter Einbeziehung der Unterkunft für Geflüchtete. Die Gespräche müssen nun schnellstmöglich erfolgen; fraktionsübergreifend und gemeinsam mit der Bevölkerung.
Olemia Flores Ramirez
„Die Senatsverwaltung für Stadtplanung und Wohnen zieht den Bebauungsplan für ein Teilgebiet des Geländes der ehemaligen Lungenklinik Zum Heckeshorn an sich. Wir Grüne sind entschieden für die Unterbringung Geflüchteter auf dem Ensemble Heckeshorn, die Senatsverwaltung beabsichtigt jedoch dort eine alte Planung zum Bau einer Erstaufnahmeunterkunft und Gemeinschaftsunterkünften zu realisieren. Wir Grüne wissen, dass der Bedarf an Wohnraum für geflüchtete Menschen nach wie vor groß ist, jedoch wollen wir keine Rückkehr zu den alten Großeinrichtungen. Nicht nur Unterbringung, sondern nachhaltige Aufnahme der geflüchteten Menschen in unsere Gesellschaft durch die Schaffung von Wohnungen ist unser Ziel. Daher sollte Wohnen für Geflüchtete im Zusammenhang mit einer Gesamtentwicklung geplant und entwickelt werden; dabei sollen die gut erhaltenen Bestandsgebäude berücksichtigt und nicht abgerissen werden. Wir fordern Senat und Bezirk auf, dies einvernehmlich und gemeinsam zu tun. Derweil fordern wir dort eine Zwischennutzung der klinischen Gebäude für die Unterbringung von besonders vulnerablen und pflegebedürftigen Menschen mit und ohne Fluchthintergrund.
Tonka Wojahn
Frische Waldluft, die Ruhe der Abgeschiedenheit, ideal für die Genesung Lungenkranker. Das ist die ehemalige Lungenklinik Heckeshorn, gelegen zwischen Wannsee und Havel, nicht weit vom Haus der Wannseekonferenz und der Liebermann-Villa entfernt. Ein Teil davon soll nun als Flüchtlingsunterkunft dienen, zu den schon dort lebenden 100 Geflüchteten sollen 600 weitere hinzukommen. Doch oberstes Ziel in der Flüchtlingspolitik ist Integration! Wie sollen Menschen, denen hiesige Sprache und Kultur fremd sind, integriert werden können in der Abgeschiedenheit des Waldes, in dessen Umgebung angemessene Infrastruktur fehlt? Die Folgen einer derartigen Unterbringung sind bekannt: Ghettobildung – und genau das gilt es zu vermeiden. Trotz vehementer Kritik des Bezirks hat der Senat das Verfahren nun an sich gezogen und treibt die Planungen voran. Die AfD hat bereits im September 2017 als erste Fraktion die Nachnutzung der ehemaligen Lungenklink in einer Großen Anfrage thematisiert und sich seither stets für eine adäquate Nachnutzung eingesetzt wie beispielsweise Reaktivierung des Standorts als Lungenklinik – in frischer Waldluft.
Peer Lars Döhnert
Über zehn Jahre hat das Bezirksamt, mit der CDU an der Spitze, die Entwicklung des Geländes der ehemaligen Lungenklinik Heckeshorn verschlafen. Nunmehr will der Senat das Areal verstärkt für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen. Rund 100 sind dort bereits untergebracht, weitere sollen folgen. Nachdem sich der Bezirk nun weigerte, den Bebauungsplan zu ändern, um auf dem „Sondergebiet Krankenhaus“ Flüchtlinge unterbringen zu können, hat die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Linke), das Verfahren an sich gezogen. Diese Vorgehensweise lässt jegliches politische Fingerspitzengefühl vermissen. Der Standort ist für eine Unterbringung von mehreren hundert Flüchtlingen ungeeignet. Es fehlt an der notwendigen Infrastruktur für eine erfolgreiche Integration, die nach Ansicht der FDP nur in kleineren Standorten möglich ist. Das Gelände muss wieder als Gesundheitsstandort unter Beteiligung der Bürger entwickelt werden. Hierfür ist es zwingend erforderlich, dass der Bezirk wieder die Planungshoheit erhält. Nur so ist eine sachgerechte und intensive Bürgerbeteiligung möglich, für die die FDP steht.
Rolf Breidenbach
„Auf einer Gesamtfläche von 13,5 ha sollen 25 Prozent, also ca. 3,5 ha für eine Flüchtlingsunterkunft genutzt und dafür Gebäude (der ehemaligen Lungenklinik), die bereits vorhanden sind, umgebaut werden. Dann wäre Platz für bis zu 764 Menschen, die in einer ruhigen, grünen Umgebung leben könnten – neben ca. 500 weiteren Menschen, die auf dem weitaus größeren Teil des Areals (nämlich 10 ha) Wohnraum finden sollen – wenn es nach dem Willen des r2g Senats geht. Schwarz-Grün, AfD und FDP im Bezirk lehnen diese Idee allerdings (aus unterschiedlichen Gründen) ab. Deshalb wurde der Bebauungsplan nicht geändert, was Voraussetzung für die Umsetzung der Pläne gewesen wäre. Somit ist der Senat in Zugzwang – ein altbekanntes Spiel in S-Z. Wir meinen: Heckeshorn bietet die besten Voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben vieler Menschen – mit und ohne Fluchthintergrund. Wer behauptet, dass Integration an diesem Ort nur für eine geringere Anzahl von Menschen möglich sei, der scheut vielleicht schlicht die Aufgabe, die damit verbunden ist, gute politische und administrative Weichenstellungen zu schaffen, damit dies doch gelingen kann.
Gerald Bader
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