Erschienen in Gazette Wilmersdorf Juli 2019
Ein zauberhaftes Ensemble am Nikolsburger Platz: Umgeben von ruhigen Straßen und viel Grün hütet ein Mädchen am Brunnen seine Gänse. Der Gänselieselbrunnen steht seit 1910 auf dem Nikolsburger Platz. Er gilt als eines der Spätwerke des Bildhauers Cuno von Uechtritz-Steinkirch (1856 – 1908). Vollendet wurde der Brunnen erst nach dem Tod des Künstlers. Die Geschichte der Gänseliesel, einer Königstochter, die von ihrer Magd betrogen wurde und daraufhin Gänse hüten musste, wurde von Grimms Märchen bekannt gemacht. Am Ende findet die Magd ein grausames Ende und Gänseliesel heiratet den Prinzen. Märchen kennen keine Rehabilitationsmaßnahmen. Der Brunnen am Nikolsburger Platz ist eine Nachbildung des Originals. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg wurden Teile gestohlen, im Zweiten Weltkrieg wurden die restlichen Figuren zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Im Zuge der 750-Jahr-Feier Berlins bekam der damalige Bezirk Wilmersdorf die Figuren am Brunnen originalgetreu zurück, geschaffen von dem Bildhauer Harald Haacke. Sie waren ein Geschenk der Berliner Industriebank. Zur Zeit ist der Brunnen eingezäunt und außer Betrieb. Der Grund sind Schwierigkeiten mit den Motoren.
Cuno von Uechtritz-Steinkirch war für die damalige Zeit ein Spätberufener. Erst mit 21 Jahren, einem Alter, in dem andere bereits Karriere gemacht hatten, schlug er endgültig die Laufbahn zum Künstler ein. Ein Grund dafür war, dass eine von ihm geschaffene Statuette einen prominenten Käufer fand – Kaiser Wilhelm I. Wie damals in Kunstkreisen üblich, verbrachte er eine Zeit in Italien und studierte die dortige Bildhauerei. Zurück in Deutschland ging er zunächst bei dem in Dresden ansässigen Carl Echtermeier in die Lehre.
Von dort aus kam er zur Dresdner Kunstakademie und wurde Schüler von Professor Ernst Hähnel. Es folgten Studien an der Wiener Akademie sowie weitere Aufenthalte in Italien und Paris. Cuno von Uechtritz-Steinkirch gehörte zu den Künstlern, die bereits zu Lebzeiten erfolgreich waren. Schon eines seiner frühen Werte, Pfifferaro mit Affe, kaufte die Nationalgalerie Berlin. 1887 zog er nach Berlin und wagte den Schritt in die Selbständigkeit. Zehn Jahre danach schuf er die Marmorgruppe „Die Krone als Hort des Friedens“. Sie war ein Auftrag von Kaiser Wilhelm II., der damit eine Verkörperung seiner Politik darstellen wollte. Die lukrative Arbeit brachte dem Bildhauer den endgültigen Durchbruch. Für seine Folgearbeit, die „Gruppe 24“ die einst im Tiergarten aufgestellt war und eine Gruppe um den zaudernden Kurfürsten Georg Wilhelm darstellt, erhielt er den königlichen Professorentitel. Weitere bekannte Werke sind der Hubertusbrunnen, der von 1938 bis 1938 im Tiergarten stand, dann aber abgerissen wurde. Neben monumentalen Auftragsarbeiten schuf der Bildhauer auch kleinere Plastiken sowie Standbilder und Büsten prominenter Zeitgenossen und historischer Figuren.
Anwohner des Nikolsburger Platzes haben Beete bepflanzt, die jede/r Interessierte pflegen, gestalten und bepflanzen kann. Treffpunkt zum gemeinsamen Gärtnern ist samstags ab 12 Uhr. Weitere Informationen unter www.nikolsburgerplatzzumessen.wordpress.com.
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