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Tennisspieler und Gentleman

Gottfried von Cramm stand dreimal im Finale von Wimbledon

In dem Stadion spielten einst Größen wie Steffi Graf und Boris Becker.
In dem Stadion spielten einst Größen wie Steffi Graf und Boris Becker.
Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal August/September 2019
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Er stach durch Eleganz und faires Spiel hervor, auch wenn ihm der ganz große Erfolg nicht gelang: Der 1909 geborene Gottfried von Cramm stammte aus einem niedersächsischen Adelsgeschlecht. Mit elf Jahren begeisterte er sich für Tennis. Seine Leidenschaft für den – damals noch komplett weißen – Sport war so groß, dass er schon früh wusste, dass er Tennis als Beruf ausüben wollte. Im Alter von 15 Jahren nahm von Cramm an der Deutschen Juniorenmeisterschaft teil. Er wurde im Doppel deutscher Juniorenmeister, während er im Einzel schon früh ausschied.

Erfolg in Berlin

1928 erfolgte der Umzug nach Berlin. Dort spiele er für den LTTC Rot-Weiß Berlin. Der junge Mann wurde gefördert und die Erfolge blieben nicht aus. Nur ein Jahr nach seinem Umzug gehörte er zu den ersten zehn der besten deutschen Tennisspieler. Er startete auf internationalen Turnieren und errang 1931 einen Sieg bei den Eastern Mediterranean Championships in Athen. Seine Eleganz und sein Fairplay waren in aller Munde. 1934 erreichte er Platz drei in der Weltrangliste. Den Versuchen von Hermann Göring, ebenfalls Tennisspieler, ihn zum Parteieintritt zu überreden, widerstand er. 1935 stand er erstmals im Finale in Wimbledon. Er schaffte es bis ins Endspiel, das er gegen Fred Perry verlor. Dennoch war er nun für mehrere Jahre die Nummer 2 der Weltrangliste.

Faires Spiel an erster Stelle

Aus der Politik hielt sich der Sportler heraus. Er wollte doch nur Tennis spielen. Außerdem war seine damalige Ehefrau Elisabeth von Dobeneck Vierteljüdin, ein Grund mehr, vorsichtig zu sein. Dennoch machte er sich 1935 bei den Nationalsozialisten unbeliebt. Beim Halbfinale des Daviscups erhebt er Einspruch gegen eine Entscheidung der Schiedsrichter. Das deutsche Doppel stand kurz davor, das Halbfinale zu gewinnen. Doch von Cramm besteht darauf, dass er den letzten Ball der Amerikaner, der ins Aus ging, noch leicht berührt hätte. Der Satz wurde wiederholt und die Deutschen verloren.

Pech in Wimbledon

1936 und 1937 gelang ihm in Wimbledon erneut der Einzug ins Finale. Doch er gewann es nie. 1937 hatte er auch noch das ausgesprochene Pech, dass er auf der Fahrt zum Finale einen Autounfall hatte, bei dem er sich leicht verletzte und nicht mit voller Kraft spielen konnte. Nach dem Spiel ging er zum Schiedsrichter und bat diesen, sich bei den Zuschauern für das ungewohnt schlechte Spiel des Deutschen zu entschuldigen. 1939 war er in bester Form, aber die Rückkehr nach Wimbledon war ihm verwehrt. Der Grund war seine Verhaftung im Jahr 1938 wegen Verstoß gegen den § 175. Die Verhaftung erfolgte im Rahmen der Blomberg-Fritsch-Affäre. Von Cramm kam ins Strafgefangenenlager, wurde jedoch auf Intervention seiner Mutter, die sich an Hermann Göring wandte, freigelassen. Der Tennisstar bekam eine Bewährungsstrafe und durfte als Vorbestrafter nicht mehr in Wimbledon spielen. Die Strafe wurde 1945 aus dem Strafregister getilgt.

Karriereende

1940 wurde von Cramm zur Wehrmacht eingezogen. An der Ostfront zog er sich Erfrierungen an den Beinen zu und durfte 1942 wieder nach Hause. Zurück an die Front brauchte er nicht – man entließ ihn beim Militär als unzuverlässiges Element. Nach Kriegsende nahm er das Tennisspielen wieder auf und war am Wiederaufbau vom LTTC Rot-Weiß Berlin maßgeblich beteiligt. Mit 41 Jahren durfte er nochmals in Wimbledon spielen, allerdings war er chancenlos. Er beendete seine Laufbahn und gründete eine Firma, die ägyptische Baumwolle importierte. Im Jahr 1976 starb Gottfried von Cramm bei einem Autounfall in Kairo. In Grunewald führt heute der Gottfried-von-Cramm-Weg zum LTTC Rot-Weiß und erinnert an einen der bekanntesten Tennisspieler Deutschlands.

Titelbild

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