Erschienen in Gazette Wilmersdorf August 2019
Im Mai hat Jutta Riemann mit ihrem Mann Hans-Jürgen Goldene Hochzeit gefeiert, am Pool einer hippen Villa auf Mallorca. Und im Dezember steht ihr siebzigster Geburtstag bevor. Doch bis dahin gibt es noch viel zu tun, denn Langeweile kennt Jutta nicht: Als Schriftstellerin, Seniorenvertreterin und auch beim Chinesisch-Kurs macht sie keine halben Sachen.
Seit 60 Jahren lebt sie mit ihrem Mann am Lietzensee in Berlin-Charlottenburg, ihrem Lieblings-Bezirk, dem sie sich verbunden fühlt, wie sie sagt.
Neben dem Schreiben von Büchern bringt sie ehrenamtlich Senioren zum Erzählen, besucht sie mit ihrem Mann betagte Menschen zum Geburtstag und lernt sie gemeinsam mit ihm im vierten Jahr Chinesisch.
Nach Thrillern und Krimis wie „Lobster Surprise“, „Scar-Blues“, „Moonlight-Club“ und dem Kinderbuch „Wenn Muschelkinder träumen“ hat sie ihr mittlerweile fünftes Buch „Tequila und Sanssouci“ geschrieben; ein Roman für selbstbewusste Frauen, die wissen, dass Traumprinzen nur Hirngespinste sind. Hauptfigur Dixi Bender stellt darin ihr Leben total auf den Kopf. Und natürlich spielen dabei Tequila und das Potsdamer Schloss Sanssouci eine wesentliche Rolle. – Nicht von ungefähr, denn mit Potsdam verbinden die Autorin viele Erinnerungen an ihre Kindheit.
„Ich bin in Caputh aufgewachsen. Mein Onkel war Bauschlosser und hat auch im Schloß Sanssouci gearbeitet“, erklärt die Autorin, die in den 50er-Jahren als Kind dort viel Zeit verbracht hat. Doch mit dem Mauerbau war das vorbei. Ihre Mutter starb früh, als Jutta erst 17 Jahre war. Die alten Orte in und um Potsdam entdeckte sie erst nach der Wende wieder, längst lebte niemand mehr von der Familie dort. So lässt sie in ihrem Buch das ihr aus Kindertagen vertraute Schloss wiederauferstehen.
Jutta Riemann ist bekannt für ihre Recherche-Genauigkeit. „Ich schaue mir Orte wie Restaurants oder Häuser, die für meine Bücher als Vorlage dienen sollen, genau an, um sie dann möglichst realitätsgetreu beschreiben zu können“, erklärt sie. Manchmal fotografiert die Autorin diese Orte auch. Wie für ihr nächstes Buch. „Dafür habe ich am Savignyplatz eine Wohnung im ersten Stock ausgewählt. Und die Beschreibung des Hausflurs muss ja genau stimmen“, lacht sie und erzählt, dass manche Leser mit ihren Büchern als Stadtplan-Ersatz sogar New York oder New Orleans erkundet haben.
Wer weiß, vielleicht entsteht aus ihren Werken ja doch einmal ein Film.
Anregungen für ihre Bücher findet Jutta im täglichen Leben, viele hat sie auch von Reisen in ferne Länder mitgebracht, wohin sie ihren Mann während seiner Tätigkeit als Entwicklungs-Ingenieur begleitete. Auf Karteikarten sammelt sie dann diese Ideen und Handlungsorte. Sieht sie ein Foto von einer Person, dessen Erscheinungsbild für ihr Buch interessant sein könnte, wandert das ebenso in den Karteikasten.
Geschrieben hat Jutta Riemann nicht immer. Eine Schauspiel- und Sprecherausbildung hat sie absolviert, spielte Theater und im Film. Außerdem fotografierte sie und machte erfolgreiche Ausstellungen.
Als Kauffrau der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft und als Leiterin einer großen Hausverwaltung von über 3.000 Wohnungen war sie viele Jahre tätig, bis sie Mitte der 90er starke Rückenprobleme bekam.
„Ich saß nun auf dem Sofa und kannte bald alle Nachmittags-Talkshows auswendig“, erinnert Jutta Riemann sich. Nach einem halben Jahr aber hatte sie genug davon und beschloss, ihr erstes Buch zu schreiben. Jetzt ist das sechste in Arbeit.
Doch auch die fröhlichen, traurigen und manchmal skurrilen Geschichten, die ältere Menschen zu erzählen wissen, interessieren die Autorin. Ehrenamtlich seit 2016 in der Seniorenvertretung des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf tätig, bekommt sie viele davon zu hören. Sie hat das Forum im Interkulturellen Stadtteilzentrum Divan e. V. übernommen. Jeden vierten Dienstag im Monat treffen sich hier von 14-16.30 Uhr ältere Menschen bei Kaffee und Kuchen zum Selbstkostenpreis. Jutta Riemann organisiert die abwechslungsreichen Vorträge – vom fachlichen „Der bezirkliche Pflegestützpunkt“ bis hin zum kulturellen „Das Villenviertel Grunewald“ oder kunsthistorischen. Und dann gibt es da auch noch den Gesprächskreis „Erzählen Sie uns Ihre Geschichte!“. Jutta Riemann verrät: „ Die erzählten Geschichten schreibe ich auf schönes Papier, und beim nächsten Treffen erhält die Erzählerin oder der Erzähler sie dann mit einem Schleifchen hübsch verpackt.“ Die Freude darüber ist immer groß.
Und auch sonst tut Jutta Gutes: Gemeinsam mit ihrem Mann besucht sie im Namen des Bezirks Senioren ab ihrem 80. Geburtstag. „Wir gehen zuerst zum Vorgespräch bei dem Jubilar vorbei und fragen, was sich das „Geburtstagskind“ wünscht“, erklärt Jutta. Mal ist das Duschgel, mal eine Flasche Wein. Das Gewünschte besorgt sie ehrenamtlich. Am Geburtstag wird das liebevoll eingepackte Präsent dann überreicht.
Doch damit nicht genug: Zukünftig will sich Jutta Riemann noch engagierter im Interkulturellen Stadtteilzentrum Divan e. V. einbringen, das als neue Leiterin Grit Höseler-Irmak hat. „Die Alterseinsamkeit gerade unter älteren Frauen hier im Bezirk ist groß. Dagegen will ich zukünftig etwas tun“, kündigt Jutta Riemann an. Und wer sie kennt, weiß: Auch da wird sie keine halben Sachen machen.
Jutta Riemann lädt herzlich ein zum nächsten Gesprächskreis „Erzählen Sie Ihre Geschichte!“ bei Kaffee und Kuchen am 28. August 2019 von 14 – 16.30 Uhr im Forum des Interkulturellen Stadtteilzentrum Divan e. V. in der Nehringstraße 8 in 14059 Berlin-Charlottenburg.
Jacqueline Lorenz
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