Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf August 2019
Die klimatischen Veränderungen sind in aller Munde. Aber was kann jeder Einzelne dagegen tun? Und wie steht die Politik dazu? Die Fraktionen der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf nehmen in den folgenden Beiträgen zu diesem Thema Stellung.
Wir befinden uns in einer Klimakrise, in der auf allen Ebenen – global, national, kommunal und auch von jeder*m Einzelnen von uns – mehr getan werden muss. Es gilt eine lebenswerte Zukunft für nachfolgende Generationen zu sichern. Das Ziel muss lauten, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie es im Pariser Klimavertrag vereinbart wurde. Berlin hat sich deshalb gesetzlich verpflichtet, bis 2020 vierzig Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 auszustoßen. Um diese Kraftanstrengung zu meistern, ist Klimaschutz auch eine Bezirksaufgabe. Deshalb fordert die SPD das Bezirksamt in einem aktuellen Antrag auf, den „Klimanotstand“ festzustellen und dieses Thema mit Priorität zu behandeln. Dazu gehört vor allem die besondere Berücksichtigung des Klimaschutzes in allen Bezirksamtsbeschlüssen, bei der Stadt- und Verkehrsentwicklung oder bei öffentlichen Gebäuden und Baugenehmigungen. Daneben setzen wir uns dafür ein, dass auch im Bezirk die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden, um wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen endlich realisieren zu können. Für die SPD ist dabei besonders wichtig, dass die Klimaschutzmaßnahmen sozial ausgewogen sein müssen.
Martin Burth
Notstand wird assoziiert mit Mangel. Wir haben aber ein Phänomen, Klimawandel. Den Klimawandel werden wir nicht lösen, indem wir in den puren Aktionismus verfallen, unseren Bürgerinnen und Bürgern Angst machen. Angst und Aktionismus waren noch nie ein guter Begleiter von Vernunft.
Wir brauchen INNOVATIONEN statt andauernder neuer Verbote! Zukunftsfähige Gesamtkonzepte, in denen sich Bedenken und Wünsche wiederfinden. Die Frage ist doch nicht nur Ziele zu definieren, sondern wie können wir Ziele umsetzen und erreichen. Ziele, die sozial- und wirtschaftspolitisch zu gestalten sind. Wie erklären wir sozial schwachen Mitbürgern, dass Kosten für Heizung und Strom steigen werden und alles teurer wird? Durch Steuererhöhungen auf Energie? Wo entsteht ein Endlager für Batterien, wohin entsorgen wir Fahrzeuge, die stillgelegt werden sollen? Neubau wird immer teurer. Fragen über Fragen, die vom Bezirk nicht gelöst werden können.
Eine Umwelt für die nachfolgenden Generationen können wir nur gemeinsam gestalten. Der Bezirk muss Beispiel sein für andere, z. B. durch energetische Sanierungen der eigenen Gebäude, Angebote zur Müllvermeidung, dem Erhalt von Bäumen und wie von der CDU-Fraktion u. a. immer gefordert der Neupflanzung von Bäumen.
Kai-Uwe Dalichow
Es soll ja noch immer Menschen geben, die den Klimawandel leugnen, die meinen, so weiter machen zu können, wie bisher. Zum Glück gibt es aber inzwischen viele junge (aber auch ältere) Menschen, die fordern, dass schnell gehandelt wird. Der Klimawandel ist gegenwärtig eine der existenziellsten politischen Aufgaben. Alle politischen Ebenen müssen ihren Teil dazu beitragen, um den Klimawandel aufzuhalten. Auch unser Bezirk hat, wie viele andere Städte, erkannt, dass es so nicht weitergeht! Wir müssen schnell(er) handeln. Das Klima wartet nicht; es übertrumpft uns mit Hitzeperioden und Starkregen.
Was bringt es, einen Notstand auszurufen? Handeln wir so klimaneutraler? In der Folge müssen nun auf allen Ebenen die Handlungen überprüft werden. Das Denken muss sich umkehren. Der Klimaschutz muss oberste Priorität haben, alles andere folgt dann nachrangig. Der Bezirk ist dazu angehalten, Maßnahmen und Aktivitäten auf Klimabelastung zu überprüfen, um diese zu verringern oder zu vermeiden. Bauvorhaben im Bezirk sollen möglichst im Nullenergiestandard realisiert werden. Dies sind nur kleine Schritte im globalen Kontext gesehen aber ein großer Schritt für den Bezirk, um den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Susan Drews
Die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels führen zu dem Ruf nach einem „Klimanotstand“. Der Notstand als politischer Begriff ist mit den Notstandsgesetzen verbunden, durch die Machtbefugnisse an die Regierung übertragen werden, die die Bürgerrechte einschränken. Der „Klimanotstand“ ist nur ein symbolischer Begriff, der alles Handeln unter den Vorbehalt der Klimaverträglichkeit stellen will. Ein „Klimanotstand“ ist weder vom Bund noch vom Land Berlin geregelt, so dass es keinerlei Verfahren für die Prüfung von Voraussetzungen und Notstandsmaßnahmen gibt. So besteht die Gefahr, dass neue Anforderungen an Bürger und Unternehmen gestellt werden, die über die bestehenden Gesetze hinausgehen und damit den Boden des Rechtsstaates verlassen. Es steht dem Bezirk viel besser zu Gesicht, seine eigenen Möglichkeiten zu nutzen, z. B. bei bezirklichen Gebäuden, Fahrzeugen und Bebauungsplänen mehr auf Klimaverträglichkeit zu achten, ohne dabei die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der City West aus den Augen zu verlieren. Statt bürokratischer Überregulierung und rot-grüner Notstandsrhetorik, sollten quasi als Geheimwaffe gegen den Klimawandel täglich Straßenbäume gepflanzt werden. Sie sorgen für Verschattung, Kühlung und Verdunstung und so für gute Berliner Luft.
Stephanie Fest
Klimawandel war gestern, heute ist Notstand. Die Grüne Weltuntergangssekte verfällt auf billigsten Populismus, neuerdings noch angestachelt von Klimagöttin Gretel und ihrer Zeitgeistapostel. Ängste werden geschürt, die Apokalypse beschworen, wie einst beim Ozonloch, Saurem Regen, dem Baumsterben. Ist der Klimawandel menschengemacht? Wieder serviert man uns Phrasensalat an Behauptungssauce – deftig grün abgeschmeckt. Die Klimareligion beruft sich auf aberwitzige Befunde, die auf Modellen beruhen, die auf Prognosen basieren, denen Mutmaßungen zugrunde liegen, die auf Hypothesen fußen. Die Ausrufung des Klimanotstands bedeutet noch mehr Bürokratie, einhergehend mit Überwachung, Bevormundung und Gängelung der Bürger. Die Grünen wollen Einschränkungen und Verbote, Kontrolle und Sanktionen. Sie zeigen ihr wahres Gesicht: Hinter der umweltfreundlichen Maske verbergen sich sozialistische Steuerungsideologen. Wir brauchen eine Entgrünifizierung!
Der kürzlich verstorbene (linke!) Schriftsteller Wiglaf Droste sagte: Richtig glücklich ist ein Grüner erst, wenn er anderen etwas verbieten kann. Angesichts des Klimawandels brauchen wir aufgeklärte, (selbst-)verantwortlich handelnde Bürger, aber kein Klimanotstands–Ermächtigungsgesetz.
Michael Seyfert
Dass wir unseren Planeten mit unserer Konsumweise zunehmend zugrunde richten, ist bereits seit den 60ern durch den Club of Rome bekannt. Wurde damals der Ernst der Lage noch verkannt, ist dank Bewegungen wie Extinction Rebellion und Fridays For Future der Klimawandel endlich in das gesellschaftliche Bewusstsein gerückt.
Seit der Präsentation des Climate Emergency Plans des Club of Rome im EU-Parlament haben bereits zahlreiche Kommunen und Städte weltweit den Klimanotstand ausgerufen – ein notwendiger und richtiger Schritt, um den Druck auf die Politik zu erhöhen. Allein die Ausrufung löst jedoch kein Problem und muss zwingend konkrete Forderungen zu Nachhaltigkeit in allen Bereichen enthalten – vom energetischen Neubau, über Verkehr, die Nutzung von Energiequellen bis hin zur Nachhaltigkeit der Warenproduktion und der gesamten Wertschöpfungskette…
Der Schutz des Klimas liegt nicht allein in der Hand der Verbraucher*innen, sondern muss oberstes Ziel der Politik sein, wenn wir unseren Lebensraum erhalten wollen. Hier muss auch der Bezirk Verantwortung übernehmen und seinen Beitrag leisten, etwa durch die Begrünung von Dächern und Fassaden, Nutzung von Photovoltaikanlagen oder die zügige Umsetzung der Verkehrswende.
Frederike-Sophie Gronde-Brunner
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2022