Erschienen in Gazette Charlottenburg September 2019
Die Kommunale Galerie Berlin am Hohenzollerndamm 176 in Wilmersdorf zeigt bis 27. Oktober Werke von Isabel Kerkermeier, Betina Kuntzsch und Marianne Stoll. Geöffnet ist Dienstag – Freitag 10-17 Uhr, Mittwoch 10-19 Uhr und Sonntag 11-17 Uhr, am 3. Oktober ist geschlossen, der Eintritt ist frei.
Der Prozess der Transformation in den Werken der Künstlerinnen eröffnet neue Perspektiven: In digitalen Video-Zeichnungen konstruiert Betina Kuntzsch eine immaterielle Wirklichkeit aus Bild und Zeit. Die Intention von Isabel Kerkermeier, lineare Strukturen radikal aufzulösen, schließt daran an. Sie löst Dinge auf und kehrt das Innerste nach außen. Aus der Dekonstruktion entstehen auch die Relief-Collagen von Marianne Stoll, die sie aus Fragmenten montiert.
In die schier unverwüstliche Struktur von gebrauchten Werbeplanen greift Isabel Kerkermeier mit äußerster Kraft ein und kehrt dabei das Innere nach außen. Das, was Wind und Wetter an haushohen Fassaden abgehalten hat, wird von der Künstlerin, die in Berlin lebt und arbeitet, zerlegt und ausgeweidet und zu großformatigen Bildwerken gestaltet. Die Reklameaufdrucke fließen ebenso mit in das Werk ein. Die unverwüstlichen Planen erhalten durch das rudimentäre Abschichten, Auftrennen und Zerschneiden als bildgebendes Verfahren ihre lineare Zeichnung und plastische Form.
Betina Kuntzsch beschäftigt sich mit neuesten, medialen Entwicklungen (u.a. Computer-animationen) auf der einen Seite und historischen Materialien (z. B. zerfallende Fotografien oder Filme) auf der anderen. In dem von ihr erfundenen Genre der „Video-Zeichnungen“ werden zeichnerische Grundelemente oder dokumentarische Aufnahmen durch analoge und digitale Animationen zu Raumvariationen, die gesellschaftliche Aspekte spiegeln.
Aufgeschichtete Dekompositionen aus Bildfragmenten lassen die Collagen von Marianne Stoll zu Reliefstrukturen anwachsen. Folien, Fotografien, Zeitausschnitte und überarbeitete Papiere sind dem eigentlichen Kontext entrissen und neu montiert. Aus Fragmenten entsteht ein geschlossenes Gesamtbild. Die Relief-Collagen lassen in den Abgrund von Bilderflut und Überfluss blicken und erinnern an das mehr und mehr ausufernde Umfeld der übervollen Zivilgesellschaft.
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