Erschienen in Gazette Steglitz September 2019
Ein Greis vor einem Frauenplakat, ein weißhaariger Kopf vor winterlichen Birkenstämmen, die geheimnisvoll leuchten, oder eine Wolke in Drachengestalt über dem Heizkraftwerk.
Wenn der Künstler Peter Hahn aus Lichterfelde seine handliche Sony-Kamera zückt, geschieht dies ohne viel Aufhebens. Abstrakte Momente in der Alltäglichkeit, der sich unbeobachtet fühlende Mensch sind die bevorzugten Motive seiner Streetfotografie. Der ausgebildete Fotograf und Repro-Fotograf weiß: „Das künstlerisch fotografische Auge, um Motiv und Umgebung im richtigen Moment mit dem Auslöser festzuhalten, kann einem keiner beibringen.“ Dass Peter Hahn diese Gabe besitzt, davon zeugen die zahlreichen Auszeichnungen seiner Fotoarbeiten, die er jährlich auf fünf bis zehn bundesweiten Ausstellungen präsentiert.
Nicht von ungefähr kommt, dass seine lebendigen Fotos Geschichten erzählen, den Betrachter mitunter animieren, selbst eine Handlung daraus abzuleiten. Doch nicht nur mit dem Auslöser geht Peter Hahn geschickt um. Auch die richtigen Worte findet er, wenn er für Lokalzeitungen schreibt oder an seinem aktuellen, heiteren Buchentwurf sitzt. „Das macht mehr Arbeit als ich dachte“, schmunzelt er, doch man merkt ihm an, wie viel Freude ihm diese Aufgabe bereitet.
aus dem Barockdorf Eichtersheim, dem Heimatdorf Peter Hahns, wird das Buch in Wort und Bild zeigen, in klarer Sprache das Wesentliche auf den Punkt bringend, wie es auch seine Fotos tun. Frühere Bewohner des Ortes werden darin ihre Geschichte wiederfinden, denn gerade die Menschen in ihrer Verschiedenheit sind es, die dem Künstler so wichtig sind. Sie lassen ihn ihre Geschichte mit der Kamera oder dem Stift erzählen – in Eichtersheim ebenso wie in Berlin.
Bevor Peter Hahn in Berlin ankam, ist er viel herumgekommen. Dank seines Vaters, der als Immobilienverwalter arbeitete, zog man häufig um. So verschlug es den in Heidelberg Geborenen u. a. nach Stuttgart, Hannover und Braunschweig sowie ins Baden-Württembergische Eichtersheim (heutiges Angelbachtal). Dort wohnte er mit seinen Eltern bis zu seinem 12. Lebensjahr im Amtshaus, dem einstigen Geburtshaus des radikaldemokratischen Revolutionärs Friedrich Karl Franz Hecker (* 1811) und in direkter Nähe zum vom Vater verwalteten Wasserschloss. Die Kamera war bereits dort sein ständiger Begleiter. Mit ihr hielt er fest, was ihm durch die häufigen Umzüge verloren schien.
Eine kleine Textkostprobe mir Erinnerungen an seine Kindheit, die Hahn mit Tafeln alter Fotografien aus dieser Zeit anlässlich einer Ausstellung in Angelbachtal präsentierte, kam so gut an, dass daraus sein Buchprojekt entstand. „Die Anerkennung und Wärme, die mir dort entgegengebracht wurde, weckte heimelige Gefühle“, gesteht Peter Hahn, der seit über 45 Jahren in Berlin lebt.
Mit dem Schreiben hatte der gelernte Fotograf noch nie Schwierigkeiten. „Ich habe häufig Arbeit und Hobby verbunden“, betont er, der in Berlin auch als Fotograf bei namhaften Unternehmen gearbeitet hat. Diese Doppelbegabung machte wohl auch seinen beruflichen Erfolg aus, den er nach seinem Studium der Landschaftsplanung, in dem er auch seine Frau, ebenfalls Landschaftsplanerin, kennengelernt hatte, als Diplom-Ingenieur erlangte. Er arbeitete an einer TU-Schriftreihe, war viele Jahre im Berliner Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik und später beim Landessportbund Berlin in der Abteilung Sportstätten und Umwelt tätig. Berichte und landesübergreifende Gutachten verfasste er und erarbeitete für den Landessportbund Berlin die erste Datenbank, in der über 2.000 kommunale und vereinseigene Sportstandorte mit Sportarten und –anlagen vorstellt wurden; in Wort und Bild, wozu er in seiner Freizeit mit der Kamera zu allen Sportstätten unterwegs war. Auch die Broschüre mit „Tips für umweltverträgliches Freizeitverhalten“ Anfang der 90er-Jahre ging auf seine Initiative zurück. Und sein „Freizeit-Knigge“ – Ratgeber für umweltfreundliche Freizeitgestaltung – wäre als aktualisierte Neuauflage in unseren Tagen durchaus empfehlenswert…
Heute ist das Schreiben für Peter Hahn eines seiner Hobbys. So hat er kürzlich seine Erinnerungen an seine kurze, aber intensive Hippiezeit als Zeitungsbeitrag zu Papier gebracht und dürfte mit einer eventuell ausgebauten Buchversion durchaus so manchem Blumenkind von damals aus der Seele schreiben.
Doch Peter Hahns Freizeit-Schwerpunkt bleibt das Fotografieren. Bei seinen Bus- und Bahnfahrten ist es immer wieder die Naivität und Unbekümmertheit von Menschen, denen er begegnet. Damit sie sich möglichst unbeobachtet fühlen, nutzt er nur eine kleine Kamera. Hahn erklärt: „Denn die Menschen sind heute viel empfindsamer geworden und fühlen sich leicht bedrängt, wenn sich ein großes Fotoobjektiv auf sie richtet.“ Eine unauffällige Kamera ist da weitaus weniger distanzlos. So wirken seine Fotos eher zufällig, ungestellt und natürlich, voller Widerspruch und Überraschung, doch immer beeindruckend und zum Nachdenken anregend. Die Geschichten und Aussagen, die sie vermitteln, können fröhlich, beruhigend, aber auch beklemmend und gespenstisch sein. Auf den Busfahrten oder eher ziellosen Spaziergängen durch die Straßen sind es die fast unbemerkten Momente und Gegebenheiten des Alltags, die Peter Hahn berühren: Im Focus dann der vom Sturm entwurzelte Baum, an dem eine Kopftuchträgerin vorbeiweht oder der gebeugte alte Mann vor einem Abrisshaus.
Viele seiner bundesweit ausgezeichneten Motive findet der Künstler auf Reisen – und im Berliner Südwesten. Rund um den Kranoldplatz, für dessen Zukunft er sich einsetzt, trifft man ihn ebenso wie in der Schloßstraße oder am LIO.
„Unwahrscheinlich interessant“ findet der Künstler eigentlich alles. So engagiert er sich im anerkannten Kunst.Raum.Steglitz e. V. ebenso wie im Deutschen Verband der Fotografie e. V. und in der Free-Mitglied fotocommunity.
So abwechslungsreich wie seine Fotos sind auch die Ausstellungsorte, an denen er seine Werke präsentiert: Hahn hat im ehemaligen Frauengefängnis Soeht 7 ausgestellt, aber auch im Shoppingcenter „Schloss“, bundesweit in Schlössern und Gutshäusern, gehobenen Lokalen und Sportclubs.
Seine Foto-Ausstellung „Der Südwesten en Vogue“ kann noch bis zum 15. Oktober 2019 täglich von 10-22 Uhr in der „Gathof Gastronomie“ im Tennisclub Blau-Gold Steglitz in der Leonorenstraße 37-39 in 12257 Berlin-Lankwitz besucht werden. Und gemeinsam mit dem Club „VHS Fotofreunde Zehlendorf“ stellt auch er seine Fotos noch bis zum 8. Oktober 2019 im Restaurant „AMARCORD“ in der Handjerystraße 55 in 12161 Berlin-Friedenau aus: Montag- Freitag 12-22 Uhr und Samstag ab 16 Uhr.
Weitere Informationen, Anfragen und Kontakt zum Künstler unter www.fotoblues.net und kontakt@fotoblues.net
Jacqueline Lorenz
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