Erschienen in Gazette Zehlendorf Oktober 2019
James Simon (1851 – 1932) ist vor allem als Kunstmäzen in aller Munde. Durch die neu eröffnete James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel, die seinen Namen trägt, ist einer der großzügigsten Förderer der Kaiserzeit wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Er war Stifter, kaufte Kunstwerke und beriet Kaiser Wilhelm II. in jüdischen Fragen.
Er war der Sohn eines jüdischen Schneiders. Durch den Einstieg in den Baumwollhandel und emporschießende Preise während des Bürgerkriegs in den USA wurde die Familie reich. Ihre Baumwollbestände gewannen sehr schnell an Wert und ihr Unternehmen wurde das Bedeutendste in Europa. James gehörte ab 1890 der Leitung des Unternehmens an und gehörte ab 1911 zu den reichsten Männern im Kaiserreich. Er finanzierte die Grabungen in Ägypten, bei denen unter anderem die Büste der Nofretete gefunden wurde. Die Funde gingen anschließend in seinen Besitz über und standen in seinem Wohnhaus in der Tiergartenstraße, in dem er sich ein Privatmuseum eingerichtet hatte. Auch ein echter Rembrandt hing dort. Unter Anleitung seines Beraters Wilhelm von Bode, einem ausgewiesenen Museumsfachmann und Kunsthistoriker, baute Simon eine vielseitige Sammlung auf. Als das Kaiser-Friedrich-Museum – heute trägt es den Namen Bode-Museum – eröffnet wurde, schenkte Simon dem Museum seine Renaissance-Sammlung. Sie wurde genauso aufgebaut wie in seinem Privatmuseum. Der Teil des Museums wurde als „Simon-Kabinett“ bezeichnet.
Zu Gast bei Kaiser Wilhelm II.
Auch bei Kaiser Wilhelm II. war James Simon ein gern gesehener Gast. Er gehörte zu einem Kreis von Juden, mit denen der Kaiser sich gern über ökonomische Fragen beriet, wurde aber auch dann zum Kaiser gebeten, wenn dieser in jüdischen Fragen Entscheidungen treffen musste. Diese Beratungen führte Simon privat ohne Titel durch. Der Kaiser war ihm sehr verbunden und sandte noch aus dem Exil einen Kranz zur Beerdigung von James Simon.
Auch sozial war James Simon aktiv. Es wird vermutet, dass sein Engagement auch damit zusammenhängt, dass sein drittes Kind, seine Tochter Marie-Luise, geistig behindert auf die Welt kam und mit nur 14 Jahren starb. Er war Gründungsmitglied des Vereins „Mädchenhort“, der sich um arme Mädchen kümmerte, die vaterlos aufwuchsen. Gemeinsam mit Franz von Mendelssohn gründete er den „Verein zum Schutz der Kinder vor Misshandlung und Ausnutzung“. Für diesen Verein finanzierten sie den Bau des Hauses Kinderschutz, in der heutigen Claszeile 57. Noch bis 1960 waren dort Kinder und Jugendliche untergebracht. Heute ist es der Hort der Südgrundschule. Er ließ ein Ferienheim für Berliner Kinder aus armen Verhältnissen an der Ostsee einrichten und finanzierte die erste Volksbadeanstalt in Berlin. Es wird geschätzt, dass er jährlich 200.000 Mark für Soziales ausgab.
Doch warum geriet James Simon fast in Vergessenheit? Nach der Machtergreifung durch die Nazis durften Juden keine Rolle mehr spielen. Schon gar nicht derjenige, der die Nofretete in die Stadt gebracht hatte, für die Hitler in dem geplanten Germania ein eigenes Museum errichten lassen wollte. So wurde sein Name aus dem Stadtbild getilgt. Mit der James-Simon-Galerie hat der Mäzen, der seinen letzten Wohnsitz in der Kaiserallee 23 – heute Bundesallee 23 hatte – ein verdientes Denkmal bekommen.
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2022