Gazette Verbrauchermagazin

„Gendersprech – vergewaltigt das Bezirksamt unsere Sprache?“

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf diskutiert

Erschienen in Gazette Charlottenburg und Wilmersdorf Oktober 2019

Politisch korrekt und geschlechtergerecht oder eine Verunstaltung der Sprache? In den folgenden Beiträgen nehmen die Fraktionen der BVV zum Thema Gender-Gap Stellung.

SPD-Fraktion, B‘90/Grünen-Fraktion und Linksfraktion

Die Herren von der AfD-Fraktion benennen ein Thema und bemühen Metaphern aus dem Bereich der sexualisierten Gewalt, wobei es doch um geschlechtergerechtere Schreibweisen gehen soll. Das lässt tief blicken und zeigt, bei wem der „Gender-Wahnsinn“ tatsächlich zuhause ist. Die politische Debatte über Patriarchat, Diskriminierung und die Macht der Sprache führen wir weiter. Wer aber selbst seine Unsensibilität im Umgang mit der Sprache zeigt, vor Sprachverhunzung („Gender-Sprech“) nicht zurückschreckt und die Grenzen des Sagbaren regelmäßig überschreitet, der hat an der Beantwortung solcher Fragen offensichtlich kein ernsthaftes Interesse.

Fraktionen der SPD (Alexander Sempf), Bündnis 90/Die Grünen (Christoph Wapler), Die Linke (Sebastian Dieke)

CDU-Fraktion

Wer mit dieser Überschrift was mit unserer Sprache macht und welche inhaltliche politische Aussage der Fragestellende mit seiner Wortwahl treffen möchte, mag sich jeder selbst beantworten. Für die CDU-Fraktion ist jedoch die Wortwahl inakzeptabel und auch in unserem Bezirk gibt es wahrlich politische Themen, die die Menschen mehr bewegen. Die sogenannte gendergerechte Sprache hat aber insgesamt, sicher an vielen Stellen, durch immer neue Wortfindungen Sprache und Lesefluss nicht gerade verbessert. Und auch hier gilt der Satz, dass viele Menschen gewiss andere Sorgen haben und die gendergerechten Texte den Leser oft eher verwirren. Was einmal gut gemeint war, treibt immer neue Blüten, da jeder meint, noch „gerechter“ sein zu müssen. Eine absolute Gerechtigkeit wird sich aber nicht erreichen lassen und Ideologie ist fehl am Platz. Sprache im Alltag, insbesondere bei Behörden, muss klar verständlich, wertschätzend und strukturiert sein.

Susanne Klose

FDP-Fraktion

Sprache bildet die Grundlage unseres Miteinanders. Die Vielfalt im Leben, in der Berufswahl, in den Interessen, Wünschen und Zielen der Menschen muss sich auch in der Sprache wiederfinden. Und ja, auch die Gleichstellung der Geschlechter bringt sich durch unsere Sprache zum Ausdruck. Genauso, wie sich die Gesellschaft kontinuierlich verändert, muss sich auch die Sprache stetig weiterentwickeln.Dabei gibt es sicherlich manchmal Irrwege. Einige Sprachverrenkungen, die eher ideologisch motiviert sind, fördern nicht die Gleichberechtigung, sondern rufen verständlicherweise Abwehrreaktionen hervor. Manch ein politischer Akteur möchte deshalb nicht nur an längst vergangenen Gesellschaftsbildern festhalten, sondern auch sprachlich die Rolle rückwärts ausführen. Diese liegen aber ebenso falsch wie jene, die beim Wunsch nach geschlechtergerechter Sprache plötzlich Wörter mit Sternchen versehen, die schon vorher geschlechtsneutral waren.

Als Freie Demokraten stehen wir für Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Das heißt auch, dass ein jeder selbst entscheiden darf, ob in den eigenen Texten und Äußerungen denn nun Sternchen, die weibliche und männliche Form gemeinsam oder sonst eine Form der Geschlechterdarstellung genutzt wird. Entscheidend ist, dass die Gleichberechtigung durch unser Reden und Handeln deutlich wird. Das ist allemal sinnvoller, als reine Ideologie, eine Sprachpolizei oder Reisen in längst vergangene Zeiten.

Pascal Tschörtner

AfD-Fraktion

Über 80 Prozent der Deutschen lehnen „Gendersprech“ ab. Aus gutem Grund: Gendersternchen, Unterstriche und verbogene Wendungen wie Kursleitende und Radfahrende sind eine Vergewaltigung der Sprache. Die meisten Menschen wollen nicht von einer fanatischen Minderheit in Universitäten und Rathäusern zu einem verunstalteten Sprachgebrauch gezwungen werden.

Deutsch ist eine reiche Sprache für die Umschreibung von männlich und weiblich. Sprache ändert sich auf natürliche Weise, dagegen sind Gendervorschriften politisch-korrektes Gesinnungsdiktat. Oft genug kommen lebensfremde Konstrukte heraus: z. B. Justizhauptwachtmeister*innenanwärter*innen, Kinder*innen, Mitglieder*innen, Planet_in. Das schmerzt. Sprache bestimmt unsere Identität, ist ein Kulturgut und Spiegel unserer Seele. Mit Sprachlenkung bewirken Kulturbarbaren Identitätsverlust und Sprachruin. Sollen Rad-ab-Habende, Grüne, sozialistische Steuerungsideologen und ihre sozialdemokratisierenden Genossen so sprechen, wie ihnen „der Schnabel verwachsen ist“ (Karl Kraus). Jedoch das Bezirksamt – als Teil der öffentlichen Verwaltung – darf im Interesse der Mehrheit der Bürger bei der sektiererischen Vergewaltigung der Sprache nicht zum Mittäter werden, sondern muss sich vehement dagegenstellen.

Michael Seyfert

Titelbild

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