Vorbild Evangelische Hochschule Berlin
Energetisch sanierter Campus setzt Zeichen für Klimaschutz
Erschienen in Gazette Schöneberg & Friedenau Juli 2024
Die letzten Jahre verlangten den Studierenden und Lehrenden im Hochschulalltag der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) ein hohes Maß an Flexibilität ab. Doch es hat sich gelohnt: Nach vier Jahren Bauzeit wurde am 31. Mai 2024 der als umfassend energetisch sanierte Campus vor prominentem Publikum aus Politik und Wissenschaft feierlich wiedereröffnet, begleitet von zahlreichen Grußworten aus Reihen der Hochschule, der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), der Berliner Landesregierung und des Bezirks. – Rechtzeitig fertiggestellt zum 120-jährigen Bestehen der Hochschule als renommierter Bildungsort für die SAGE-Fächer Soziale Arbeit, Gesundheit/Pflege, Erziehung/Bildung. Die EHB mit ihren 1.700 Studierenden gehört neben der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin und der Alice Salomon Hochschule Berlin zu den drei SAGE-Hochschulen in Berlin.
Themenorientierte Führungen präsentierten den Gästen die gelungene Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudeensembles auf dem Areal der EHB, die diesen grünen Campus auf den neuesten Stand der Energieeffizienz gebracht hat und ihn damit unter den Hochschulen zum Vorbild macht. Beweist sie doch, dass eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Projektpartnern wie Hochschule, Kirche, Senat und Denkmalschutz gepaart mit verantwortungsbewussten Baufirmen und Fachleuten durchaus zum Erfolg führen kann. Alle Beteiligten haben trotz der Herausforderungen der Bauzeit und der Pandemie unermüdlich gearbeitet, um das Ziel zu erreichen. Die Finanzierung erfolgte u. a. mit 7 Millionen Euro aus Mitteln des Berliner Programms für nachhaltige Entwicklung (BENE), mit 1,9 Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA) und mit 4,3 Millionen Euro aus Mitteln der EKBO. Die Sanierungs-Gesamtkosten liegen mit 14,3 Millionen Euro sogar noch unter den ursprünglich angesetzten Gesamtkosten von 14,4 Millionen Euro.
Bildung und Nachhaltigkeit
Bischof Dr. Christian Stäblein (EKBO) hatte es sich in der Feierstunde nicht nehmen lassen, im Audimax, in dem er einst selbst studiert hat, „Schwestern und Brüdern“ seine Freude „zu diesem Tag der erfüllten guten Worte“ persönlich zu übermitteln und all denen zu danken, die zum Gelingen dieser EU-geförderten Sanierung EHB3S beigetragen haben, darunter in erster Reihe dem Land Berlin für die Finanzierung der Hälfte der Sanierungskosten. „... Sie zeigen auf diese Weise, dass die Ausbildung in den sozialen Berufen die wir heute so sehr brauchen – Pflegeberufe zumal und zuerst – Ihnen am Herzen liegen“, erklärte der Bischof und betonte, „dass die Ausbildung in öffentlichen Einrichtungen wie der EHB nicht im Widerspruch zu ökologischer Nachhaltigkeit und nicht im Widerspruch zu Denkmalschutz steht... Wir haben hier einen Campus, der in seiner offenen Bauweise durch und durch auf Transparenz setzenden Art einen sehr besonderen Charakter hat – den der Offenheit.“ Prof. Dr. Sebastian Schröer-Werner, Präsident der EHB, erklärte in seiner Rede: „Die Wiedereröffnung unseres grünen Campus ist nicht nur ein symbolischer Meilenstein, sondern auch ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit unserer Hochschule. Ein sparsamer und umsichtiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen dieses Planeten ist für uns handlungsleitend.“ Ute Bonde, Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt verriet, dass dieses Projekt mit einem Budget von 11,6 Millionen Euro eines der größten Sanierungsprojekte im Bereich der nachhaltigen Entwicklung von BENE sei, diese umfassenden Sanierungsarbeiten aber eine sehr gute Investition in Richtung angestrebter Klimaneutralität sind.
Und Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg hob in ihrem Grußwort anerkennend die angewandten Wissenschaften der EHB und deren enge Verbindung zur Praxis hervor. So sei das Studium an der EHB durch die Zuwendung zum Menschen geprägt und greife wichtige Themen für die Gesellschaft auf. Die Grünen-Politikerin freute sich besonders über den Erfolg der energetischen Sanierung und die Verankerung dieser Hochschule im Bezirk Steglitz-Zehlendorf.
Historische Architektur Hand in Hand mit Energieeffizienz
Die Zahlen des nach sechsjähriger Planung erfolgten Sanierungsgeschehens sprechen für sich: So gab es 62 Bauaufträge mit 104 nachträglichen Auftragsänderungen, 26 Planungs- und Beratungsaufträge, 2.500 Quadratmeter Fenster wurden erneuert bzw. neu verglast, 6.500 Quadratmeter Außenwände und Dächer wärmegedämmt, und das 1000 Quadratmeter große Dach über dem Audimax musste komplett abgetragen und neu errichtet werden. 40 Kilometer elektrische Leitungen wurden verlegt, und besonders nennenswert für den künftigen Energieverbrauch sind die acht neu erstellten Lüftungsanlagen und das Blockheizkraftwerk, welche die Gebäude der Anlage rundum versorgen.
Michael Adam vom Baumanagement und Dipl.-Ing. Uwe Carls machten in einem beeindruckenden Rundgang über den Campus aus bautechnischer und architektonischer Sicht deutlich, welche großen Herausforderungen es hinsichtlich Statik, Werkstoffen und Sicherheitsrelevanz zu bewältigen galt: Denkmalschutz, Brandschutz und Werkstoff-Problematik stellten hohe Ansprüche und immer wieder vor konstruktive und ausführungsbezogene Probleme, die es von den Bauleuten zu meistern galt.
Die einzelnen Gebäude boten dabei unterschiedliche Ausgangspunkte und Handlungsbedarf für einen größeren energetischen Nutzen im Bereich Rohbau, Fenster, Wärmedämmverbundsystem und Keller. So wurden in Haus E die Besonderheiten der Raumlufttechnik in Bauwerk, Magazin und Seminarraumlüftung sowie die Fenster thematisiert, während die Verbesserung der Gebäudehülle eingeschränkt bleiben musste: Bedingt durch den Denkmalschutz und das durch Urheberrecht bestehende Mitspracherecht der Erben des Erbauers. Besonders beeindruckend zeigt sich nach der Sanierung Haus F mit seiner Fassade, Glas- und Fensterkonstruktionen sowie einer ausgetüftelten energieeffizienten Klinkerlösung.
Technikraum und das Audimax lassen vermuten, was der Totalabbruch des Daches während laufenden Hochschulbetriebs bedeutet haben muss. Bedingt war der Abbruch durch die nahezu vollständige Entkernung aufgrund von Raumlufttechnik und Brandschutz. Hinzu kam die verlängerte Bauzeit infolge fehlender Zulassungen und Firmenverluste.
In einem ebenso fesselnden wie anschaulichen Vortrag des für sein Metier sichtlich brennenden, leitenden Architekten der mit der Sanierung beauftragten Firma iproplan, Detlef Mevius, zeigte sich, dass sich aller Aufwand gelohnt hat: So wird die Sanierung den Energieverbrauch nachhaltig reduzieren und die Umweltbelastung minimieren. – Und das bei gleichzeitig gesteigertem Komfort und einer verbesserten Funktionalität des Gebäudes. Dabei entspricht die durch die Sanierung erreichte jährliche CO2-Einsparung von rund 738 Tonnen dem Verbrauch von rund 100 Einfamilienhäusern.
Das gemeinsame Durchschneiden des roten Bandes am Ende der Festveranstaltung am 31. Mai und die Übergabe eines „nachhaltigen“ Schlüssels aus Teig eröffnete symbolisch den nächsten spannenden Entwicklungsabschnitt der EHB, in der Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Energieeffizienz neben umfassender Bildungsvermittlung in Richtung Zukunftsfähigkeit eine wichtige Rolle spielen. – Ist eine praxisorientierte Ausbildung doch stets auch mit aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen verbunden, zu denen der Klimaschutz als eine der dringlichsten Aufgaben zählt.
Historie
Unter dem Psychiater Heinrich Laehr kam im 19. Jahrhundert das Gelände des heutigen Campus als Obst- und Gemüseplantage zur Selbstversorgung und therapeutischen Beschäftigung der Patienten der Nervenheilanstalt in aller Munde. 1957 dann wurde der Campus Standort der Kirchlichen Hochschule Berlin als Ausbildungsstätte für angehende Theologen und bedeutender Ort des intellektuellen Austauschs. In seiner stetigen Weiterentwicklung wurde der durch große Grünflächen zwischen den Gebäuden aufgelockerte Campus im Jahr 2002 zum Standort für die EHB. Dabei besticht die Architektur von Peter Lehrecke im Stil der Neuen Sachlichkeit durch klare, funktionale Formen und unaufdringliche Ästhetik und bildet das passende Umfeld für eine Bildungsstätte des SAGE-Bereichs.
Jacqueline Lorenz
Evangelische Hochschule Berlin (EHB)
Teltower Damm 118-122
14167 Berlin