Gazette Verbrauchermagazin

Fairkauf – nachhaltiges Steglitzer Sozialkaufhaus

Wo Menschlichkeit kein Ladenhüter ist

Fairer Ein- und Verkauf für Kunden und Mitarbeitende.
Fairer Ein- und Verkauf für Kunden und Mitarbeitende.
Erschienen in Gazette Steglitz September 2024
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Seine ersten erfolgreichen Schritte hatte der von der Union Sozialer Einrichtungen (USE) gGmbH betriebene Fairkauf bereits vor rund sieben Jahren im Steglitzer Gewerbegebiet am Stichkanal gemacht. Ende 2022 dann in die Steglitzer Albrechtstraße umgezogen, steht auch an diesem inzwischen gut angenommenen Standort weiterhin der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt. – Egal ob er körperlich oder sozial benachteiligt ist, zum Mitarbeiterteam oder Kundenstamm zählt. Verkehrsgünstig gelegen, ist das Sozialkaufhaus unweit der Schloßstraße immer gut besucht. – Beim Einkauf werden gleichzeitig Geldbeutel und Umwelt geschont, wird Nachhaltigkeit gepflegt und bekommen Menschen und Alltagsgegenstände eine zweite Chance.

Verkaufsgegenstände mit Geschichte(n)

Laufkundschaft war am alten Standort am Stichkanal selten, die direkte und eher verwirrende Nachbarschaft zum Rumpelbasar wirkte sich ungünstig aus. Hier in der Albrechtstraße ist das nun besser. „Für unser Mitarbeiter-Team bedeutet das mehr Kundenkontakt und einen schnelleren Warendurchlauf“, erklärt Filialleiterin Petra Übleis, die als Fachkraft seit 2021 dabei und fast jeden Tag im Sozial-Kaufhaus ist. Zuvor sammelte sie wertvolle Erfahrungen im Schöneberger Traditionshaus Deko-Behrendt bis zu dessen vielbedauerter Schließung, danach dann bei TEDI. Wo einst KiK seine Waren anbot, findet der auf Nachhaltigkeit bedachte Fairkauf-Kunde nun auf rund 400 Quadratmetern eine bunte Vielfalt an Möbeln, Haushaltsgegenständen, Lampen, Kleidung und neuwertigen Spielwaren.

Da steht das hölzerne Puppenbett neben einer alten, gut erhaltenen Schulbank, hat nach nur einem Tag das edle Ledersofa bereits einen neuen Besitzer gefunden. Und da wird auch der massive Gründerzeit-Schreibtisch mit seinem überaus fairen Preis zum echten Schnäppchen: Welcher Studienrat mag mit strenger Stirn an ihm die Abiturarbeiten korrigiert haben, welcher Anwalt folgenschwere Anklage erhoben haben?

– Spannendes aus ihrem ersten Leben zu erzählen haben viele dieser Verkaufsgegenstände, die hier auf eine zweite Chance warten. Die günstigen Gebrauchtwaren des Sozial-Kaufhauses sind dabei nicht nur fair, sondern mit Sorgfalt geprüft und von hoher Qualität. Nicht im Angebot findet man Bücher für Erwachsene sowie Schallplatten: „Wir wollen dem Morgenstern-Antiquariat als Teil des Inklusionsbetriebes SinneWerk gGmbH, das ganz in der Nähe liegt, keine Konkurrenz machen“, begründet dies Petra Übleis. Auch Elektrogeräte fehlen wegen der Garantiepflicht nahezu im Angebot. Über das dennoch große und nachhaltige Warenangebot hinaus schafft Fairkauf Jobs und Angebote zur Qualifizierung. Da überwiegend Gegenstände verkauft werden, die andere Menschen aus Überzeugung gespendet haben, kommt auch der Gedanke des ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements nicht zu kurz. Viele Gegenstände stammen aus überbezirklichen Wohnungsauflösungen.Termine für Wohnungsauflösungen können hier im Fairkauf angefragt werden, sind jedoch kapazitätsabhängig und bedürfen eines zwei- bis dreiwöchigen Vorlaufs, wie Geschäftsführerin Übleis erklärt. Spendenannahme ist Dienstag, Donnerstag und Samstag.

Wo der Mensch im Mittelpunkt steht

Als Inklusionsbetrieb beschäftigt Fairkauf insgesamt 18 Leute, darunter zwei Ehrenamtliche und elf Beschäftigte mit Beeinträchtigung. Meist sind 6-8 Mitarbeitende gleichzeitig im Schichtdienst, der hohe Publikumsverkehr macht dies notwendig. Bürgergeldempfänger erhalten auf die ausgezeichneten Waren 20 Prozent Rabatt. Auch wenn der Vermieter Kellerplatz als Lager zur Verfügung gestellt hat, ist das für das umfassende Angebot zu wenig und bedarf regelmäßiger Umräumarbeiten. „Wir passen die Arbeit aber immer den hier arbeitenden Menschen an und nicht umgekehrt“, betonen Petra Übleis und Ursula Laumann, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit USE gGmbH. Sie sind dem Bezirk überaus dankbar, ihnen für Fairkauf in so exponierter Verkaufslage Raum gegeben zu haben – auch wenn ein Wunsch bleibt: „Für unser Lieferfahrzeug ist der Hof zu klein, und die Möbel passen dort auch nicht durch die Tür zu unseren Räumlichkeiten. Also müssen wir meist vorne vor dem Geschäft in zweiter Front ausladen. Wenn wir einen festen Parkplatz zugeteilt bekämen, wäre unser Glück vollkommen“, sind sich Fairkauf-Leitung und Mitarbeitende dieser auch menschlich so wichtigen Einrichtung einig. Und Ursula Laumann erklärt: „Die Union Sozialer Einrichtungen (USE) gGmbH entwickelt vielfältige Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation, mit denen behinderte und benachteiligte Menschen eine individuell passende Struktur finden. Die Palette reicht von tagesstrukturierenden Angeboten bis hin zu begleiteten Arbeitsplätzen (zum Teil im Rahmen von Jobcoaching) auf dem ersten Arbeitsmarkt – immer vor dem Hintergrund, dass Arbeit eine sinnstiftende und stabilisierende Funktion hat und dass Jede und Jeder seinen Beitrag leisten kann. Über 1.000 meist psychisch behinderte Menschen können so Teil der Gemeinschaft und der Arbeitswelt sein.“ Fairkauf hat an seinem aktuellen Steglitzer Standort als Außenstelle der Werkstatt für behinderte Menschen indessen die Werkstattanerkennung erhalten, nicht zuletzt aufgrund der hier gegebenen Barrierefreiheit.

Weitere Informationen unter www.fairkauf-berlin.de

Jacqueline Lorenz

Fairkauf – Sozialkaufhaus

Albrechtstr. 117
12167 Berlin

Öffnungszeiten:
Mo.-Fr. 10-18 Uhr, Sa. 10-14 Uhr

Titelbild

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