Gartenausstellungen im Haus der Wannsee-Konferenz
„Aktion Reinhardt“ und „Was bedeutet Wannsee für…“
Erschienen in Wannsee Journal Dezember/Januar 2024
Die Gedenk- und Bildungsstätte am Wannsee ist ein Ort von ambivalenter Bedeutung, der sowohl mit der dunklen Geschichte des Holocaust als auch mit der natürlichen Schönheit seiner Umgebung assoziiert wird. In dem großzügigen Garten des Hauses der Wannsee-Konferenz finden immer wieder spannende Ausstellungen statt. Noch bis zum 30. Dezember 2024 sind gleich zwei zu sehen – eine beschäftigt sich mit der Verbindung der Wannsee-Konferenz und der Vernichtung der Juden im polnischen Lublin, die andere nimmt vergangene und aktuelle Entwicklungen in den Fokus und lässt unterschiedliche Menschen in „Was bedeutet Wannsee für…“ zu Wort kommen. Weitere Informationen und Öffnungszeiten unter www.ghwk.de
Ausstellung in Wannsee und Polen
Die deutsch-polnische Gemeinschaftsausstellung „Aktion Reinhardt – Spaces of the Holocaust“: Gemeinsam mit dem Partner Ośrodek „Brama Grodzka – Teatr NN“ hat das Haus der Wannsee-Konferenz eine Ausstellung erarbeitet, die sowohl im Garten des Hauses gezeigt wird, als auch auf dem Plac Litewski im polnischen Lublin stattfand. Gegenstand der Ausstellung ist die Verbindung von der zentralen Planung des Massenmordes an den europäischen Jüdinnen und Juden mit der Vernichtung vor Ort in der Region in und um Lublin.
Massenmord in Lublin
Die „Aktion Reinhardt“ war der Tarnname für die Ermordung der Juden und Roma im deutsch besetzten Polen. In Lublin lebten einst 42.000 Jüdinnen und Juden, nur etwa 300 überlebten den Holocaust. Lublin spielte eine entscheidende Rolle als Zentrum der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. In der Ausstellung werden Archivbilder, Dokumente und Zeitzeugenberichte von Überlebenden gezeigt. Für die Ausstellung „Aktion Reinhardt – Spaces of the Holocaust“ sind zwölf deutsch-englische Tafeln im Garten des Hauses der Wannsee-Konferenz aufgestellt. Themengleiche Tafeln mit polnisch-englischen Informationen waren bereits in Lublin aufgestellt.
Vielfältige Perspektiven auf Wannsee
Die Ausstellung „Was bedeutet Wannsee für…“ zeigt in 26 Stationen verschiedene Sichtweisen auf Wannsee und die Geschichte des Hauses der Wannsee-Konferenz. Viele Besucher empfinden eine innere Zerrissenheit: Während einige die ruhige Atmosphäre des Gartens genießen, sind sich andere der tragischen Ereignisse bewusst, die dort stattfanden.
Erinnerungen an die Vergangenheit
Besonders eindrücklich sind die Erinnerungen von Überlebenden wie Batsheva Dagan, die Wannsee als ihren „persönlichen Schicksalsort“ bezeichnet. Sie erinnert sich daran, dass an diesem Ort die Ermordung der europäischen Juden geplant wurde und dass sie durch diesen Ort ihre Familie verlor. Diese persönlichen Geschichten werden durch neue Ausstellungsformate ergänzt, die auch historische Figuren wie Ingeburg Werlemann einbeziehen, deren Aussagen zur Konferenz dokumentiert sind.
Politische Bezüge und gesellschaftliche Verantwortung
Ein zentraler Aspekt der Ausstellung ist die Verbindung zwischen der Vergangenheit und aktuellen politischen Entwicklungen. Die Recherchen des Netzwerks Correctiv werden thematisiert, insbesondere im Kontext von Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und völkisches Denken. Die Gedenkstätte versteht sich als Ort des Dialogs und der Reflexion über das eigene Selbstverständnis in der Gesellschaft.
Die Sonderausstellungen am Wannsee bieten eine Plattform für vielfältige Perspektiven auf einen Ort, der sowohl als Symbol für das unermessliche Leid während des Holocaust steht als auch als ein schöner Parkraum wahrgenommen wird. Durch persönliche Geschichten und kritische Auseinandersetzungen wird die Bedeutung des Wannsees für verschiedene Menschen sichtbar gemacht – von Überlebenden bis hin zu Besuchern, die einfach nur den Park besuchen möchten.
Der denkmalgeschützte Garten
Der Garten des Hauses der Wannsee-Konferenz, das 1914/15 als Villa für den Fabrikanten Ernst Marlier erbaut wurde, steht – wie auch die Villa – unter Denkmalschutz. Er wurde umfangreich historisch rekonstruiert. Die Villa setzte der Architekt Paul Baumgarten auf die Mitte des 30.000 Quadratmeter großen Grundstücks. Er gilt als einer der wenigen Gärten, die die Gartenkunst des frühen 20. Jahrhunderts widerspiegeln, einer Zeit, in der sich ein Wandel vom landschaftlichen hin zum architektonisch angelegten Garten vollzog.