30 Jahre Dahlemer Saatgutbank
Größte und älteste Saatgutbank für Wildpflanzen in Deutschland
Erschienen in Lankwitz & Lichterfelde Ost Journal Februar/März 2025
Im Herbst 1994 startete die Arbeit der Dahlemer Saatgutbank des Botanischen Gartens mit der Einlagerung von 7.260 Samenkörnern des Balearen-Kohls (Brassica balearica). Inzwischen lagern hier Millionen Samen von gut 3.500 Arten aus 82 Ländern. In einer begehbaren Gefrierkammer bleiben die getrockneten Samen bei -24 °C jahrzehntelang am Leben. Zu den Hauptaufgaben der Saatgutbank gehören – damals wie heute – der Aufbau, die Erhaltung und die Dokumentation der Sammlung sowie die Abgabe von Wildpflanzen-Samen für den Botanischen Artenschutz und für Forschung und Lehre.
Prof. Dr. Thomas Borsch, Direktor des Botanischen Gartens Berlin: „Unsere Saatgutbank ist heute wichtiger denn je. Nur wenige Saatgutbanken weltweit konzentrieren sich auf die Lagerung von Wildpflanzensaatgut. Täglich sterben auf der Welt 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Alleine in Berlin sind über 700 Wildpflanzenarten akut bedroht. Für den Schutz der biologischen – insbesondere der genetischen – Vielfalt leisten unserer Wissenschaftler*innen daher einen unverzichtbaren Beitrag.“
Von gestern bis heute
Begonnen hatte alles 1994 mit drei Mitarbeitenden und einer Tiefkühltruhe. In dem kleinen historischen Gebäude, der „Samenstube“ des Botanischen Gartens Berlin wurden seit jeher Samen gereinigt, aufbewahrt und im Saatgutkatalog „Index Seminum“ anderen Botanischen Gärten im In- und Ausland zum Tausch angeboten. Die Erstellung des „Index Seminum“ gehört bis heute zu den wichtigen Aufgaben der Dahlemer Saatgutbank. Die Tiefkühltruhe ergänzte diese Arbeiten und ermöglichte erstmals die längerfristige Lagerung der Samen. Mit dem Umzug 2015 in neue, moderne Räumlichkeiten wurde aus der „Samenstube“ die „Dahlemer Saatgutbank“. Dazu eröffneten ein Trockenraum, Labore für Keimungstests und eine große Gefrierkammer ganz neue Möglichkeiten. Mittlerweile verfügt die Dahlemer Saatgutbank über technische Anlagen zur Saatguttrocknung und -lagerung. Hierzu zählen zwei Trockenkammern mit 15 Prozent relativer Luftfeuchte bei 15 °C Raumtemperatur, Kühlschränke sowie eine begehbare Gefrierkammer zur dauerhaften Lagerung der Samen bei Minus 24 °C. Für die Keimungsversuche ist ein voll ausgestattetes Saatgutlabor vorhanden, wo alle erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können.
Kleinster Same
Zu den kleinsten Samen der Dahlemer Saatgutbank zählen die Orchideensamen, wie beispielsweise die des Breitblättrigen Knabenkrauts. Früher war es in ganz Deutschland weit verbreitet und sehr häufig. Die Art ist auf nicht gedüngte, feuchte Wiesen angewiesen, wie sie in unserer Landschaft überall anzutreffen waren. Die Entwässerung der Landschaft und die Vergüllung der Wiesen sind dafür verantwortlich, dass das Breitblättrige Knabenkaut inzwischen immer schneller verschwindet. Die letzten verbliebenen Vorkommen werden am Botanischen Garten im Rahmen einer Doktorarbeit genetisch untersucht.
Sehr seltene Samen
In der Dahlemer Saatgutbank lagern neben anderen Schätzen Samen zweier weltweit sehr, sehr seltenen Pflanzen, die in Nordostdeutschland ihren Verbreitungsschwerpunkt haben: Es sind Samen von Ruthes Knabenkraut, das nur in Peenemünde und nur ausgesprochen selten weiter östlich in Polen und im Baltikum vorkommt. Zum anderen sind es Samen vom Sumpf-Kranzenzian, der zu einer der seltensten Arten Mitteleuropas zählt und mit nur einem halben Dutzend Vorkommen in Deutschland heimisch ist.