Gazette Verbrauchermagazin
Online-Shopping

Bequemes Einkaufen oder gefährliche Impulsfalle?

Neuer TikTok Shop in Deutschland

24.04.2025: Die beliebte Social-Media-Plattform TikTok, bekannt für ihre Kurzvideos und viralen Trends, erweitert ihr Angebot in Deutschland um eine integrierte Shopping-Funktion. Der „TikTok Shop“ ermöglicht es Nutzern, Produkte direkt während des Ansehens von Videos zu kaufen. Was auf den ersten Blick wie eine nahtlose Verbindung von Unterhaltung und E-Commerce wirkt, ruft bei Verbraucherschützern Bedenken hervor – insbesondere wegen der Gefahr von unüberlegten Impulskäufen und potenzieller Verschuldung junger Menschen.

Nahtlose Integration ins Videoerlebnis

Anders als bei klassischen Online-Shops müssen Nutzer die neue Funktion nicht aktiv aufsuchen. Der „TikTok Shop“ blendet sich direkt in den gewohnten Strom der Kurzvideos ein. Ein Produkt, das in einem Video vorgestellt wird, kann oft mit nur einem Klick auf einen eingeblendeten Button erworben werden. TikTok selbst tritt dabei lediglich als Marktplatz auf; der eigentliche Verkauf und Versand erfolgen durch Drittanbieter, die ihre Waren auf der Plattform präsentieren.

Diese unmittelbare Verknüpfung von Inhalt und Kaufmöglichkeit zielt darauf ab, spontane Kaufentscheidungen zu fördern. Die Strategie zielt klar auf eine junge, digital versierte Zielgruppe ab, die bereits intensiv mit personalisierten Inhalten und dem Marketing durch Influencer vertraut ist.

Die Macht der Influencer und „authentischen“ Empfehlungen

Eine Schlüsselrolle spielen dabei Influencer, die bei ihrer oft jungen Anhängerschaft großes Vertrauen genießen. Ihre Produktempfehlungen können das Konsumverhalten maßgeblich beeinflussen und Nutzer zu schnellen, unüberlegten Käufen verleiten. Doch nicht nur bekannte Social-Media-Persönlichkeiten kurbeln den Verkauf an. Auch vermeintlich „normale“ Nutzer können durch authentisch wirkende Empfehlungen in ihren Videos Käufe anstoßen – und dafür unter Umständen eine Provision erhalten, wenn über ihren Kanal Produkte verkauft werden. Dies verwischt die Grenzen zwischen persönlicher Empfehlung und bezahlter Werbung zusätzlich.

Verbraucherschützer warnen vor Impulskäufen

Genau hier sehen Experten die größte Gefahr. „Durch den Einsatz des TikTok-Algorithmus werden Nutzer mit auf sie zugeschnittenen Angeboten erreicht. Dies birgt die Gefahr verstärkter Impulskäufe“, erklärt Simon Götze, Rechtsexperte bei der Verbraucherzentrale Berlin. Die Verlockung ist groß, da der Kaufprozess direkt in der App stattfindet und kaum eine Unterbrechung des Nutzungserlebnisses darstellt. Der Shop ist kein separater Bereich, sondern Teil des alltäglichen Video-Feeds.

„Buy Now, Pay Later“ als potenzielle Schuldenfalle

Verschärft wird das Problem durch Bezahloptionen wie „Buy Now, Pay Later“ (Kaufe jetzt, zahle später). Diese ermöglichen es, Kaufimpulsen auch dann nachzugeben, wenn das nötige Geld momentan nicht verfügbar ist. „Junge Menschen, die oft noch keine umfassende Erfahrung mit Kreditverträgen und Schufa-Relevanz haben, laufen Gefahr, sich zu überschulden oder negative Einträge zu riskieren, wenn Zahlungsziele nicht eingehalten werden“, warnt Götze. Die niedrige Hemmschwelle beim Kauf kann so langfristige finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.

Widerrufsrecht ja, aber Rücksendekosten oft beim Käufer

Zwar gilt auch im TikTok-Shop das deutsche Verbraucherrecht und somit das gesetzliche 14-tägige Widerrufsrecht. Verbraucher können also online gekaufte Waren innerhalb dieser Frist ohne Angabe von Gründen zurückgeben. Doch Vorsicht: Die Kosten für die Rücksendung müssen Verbraucher mittlerweile oft selbst tragen, sofern sich der jeweilige Händler nicht freiwillig im Vorfeld zur Übernahme verpflichtet.

Besonders problematisch kann dies werden, wenn der Verkäufer seinen Sitz im Nicht-EU-Ausland hat. Dann können die Rücksendekosten, beispielsweise nach China, im Vergleich zum eigentlichen Warenwert unverhältnismäßig hoch ausfallen und den Widerruf wirtschaftlich unattraktiv machen.

Wie können sich Verbraucher schützen?

Angesichts dieser Risiken rät die Verbraucherzentrale zu mehreren Vorsichtsmaßnahmen:

Der TikTok Shop mag das Einkaufen bequemer und unterhaltsamer machen, birgt aber gerade für junge und unerfahrene Nutzer erhebliche finanzielle Risiken. Ein bewusster Umgang mit den verlockenden Angeboten und eine kritische Haltung gegenüber Empfehlungen sind unerlässlich.

Weitere Informationen und Beratung zu diesem und anderen Verbraucherthemen bietet die Verbraucherzentrale Berlin auf ihrer Webseite unter www.vz-bln.de/beratung-be.

© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2025