Erschienen in Dahlem & Grunewald Journal August/September 2023
Ab 1912 wird Berlin-Dahlem mit den Instituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) zu einem Motor der Wissenschaft. Noch heute wird diese Geschichte, in der die Max-Planck-Gesellschaft wurzelt, in vielen Gebäuden des Campus anschaulich. Wegen der Bombenangriffe auf die Hauptstadt verlagerte die KWG in den letzten Kriegsjahren die meisten Berliner Institute nach Süd- und West-Deutschland. Als die Amerikaner den Südwesten der Hauptstadt bei Kriegsende besetzten, war der Forschungsbetrieb fast vollständig zum Erliegen gekommen.
Der neue Rundgang vermittelt viele spannende Informationen über die Jahre des Wiederaufbaus unter den Bedingungen des sich abzeichnenden Kalten Kriegs, der sich in Berlin besonders früh bemerkbar machte. Das gilt auch für die Wissenschaft. Studierende und Professoren der im Ostteil gelegenen Berliner Universität beschlossen als Antwort auf den politischen Druck durch die Sowjetische Besatzungsmacht eine eigene, freie Universität im Westteil der Stadt zu gründen. Unterstützt von den Amerikanern und mithilfe internationaler Geldgeber und West-Berlins wurde der Plan umgesetzt.
Dass in Dahlem Institute der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft nahezu leer standen, begünstigte das Vorhaben. Ebenso, dass die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Umbruch war. Nach ihrer Umgründung zur Max-Planck-Gesellschaft (MPG) orientierte sie sich nach West-Deutschland. Dort baute sie auch die aus Berlin evakuierten Institute für Physik, Chemie und Biologie wieder auf und verzichtete auf die angestammten Gebäude. Nur zwei Berliner Institute, darunter das Fritz-Haber-Institut, blieben wo sie waren. Nebenan begann im Dezember 1948 der Lehrbetrieb der Freien Universität im ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in den ungeheizten Räumen. Die Zahl der wissenshungrigen Studierenden wuchs so rasant, dass Neubauten dringend notwendig wurden. – Und wieder war es die MPG, die das möglich machte, indem sie Flächen an die Universität abgab.
Die Tour würdigt auch jene oft vergessenen Wissenschaftlerinnen, denen es zu verdanken ist, dass die Forschung über das Kriegsende hinaus in Dahlem lebendig blieb. Denn als Abteilungsleiterinnen organisierten Else Knake, Elisabeth Schiemann und Luise Holzapfel den Übergang von der KWG in die MPG und sprachen auch mit der Gründung der Freien Universität ein Wort mit.
Die vielfältigen Verflechtungen beider Forschungseinrichtungen dokumentieren noch heute Gebäude und Erinnerungszeichen des Campus und erklären, warum MPG und FU auch heute sehr eng verbunden sind, was sich in zahlreichen Kooperationen ausdrückt. Auch bei der Feier zum 75. Gründungstag der Freie Universität am 4.12.2023 wird die Max-Planck-Gesellschaft dabei sein mit ihrer Wanderausstellung „Pioniere des Wissens. Die Nobelpreisträger*innen der Max-Planck-Gesellschaft“. Sie ist ab Dezember 2023 im Audimax der FU zu sehen. Einblicke in die Welt der Wissenschaft mit vertiefenden Informationen zu der Ausstellung „Pioniere des Wissens“ bietet schon bereits die Digital Story. Filme, Fotos, Grafiken, Cartoons, Erklärungen und Animationen sind zu einer unterhaltsamen, multimedialen Geschichte verbunden. Digital Story: www.nobel.mpg.de
An der Campus-DahlemTour können Einzelbesucherinnen und -besucher bis Oktober an jedem ersten Sonntag im Monat ohne vorherige Anmeldung teilnehmen. Treffpunkt ist jeweils11 Uhr, Harnack-Haus, Ihnestraße 16 – 20, 14195 Berlin. Termine: 6.8., 3.9., 1.10.2023 jeweils um 11 Uhr. Preise: 8 Euro pro Person, 5 Euro ermäßigt. Keine Anmeldung erforderlich. Weitere Informationen: www.mpg.de/11137898/dahlemtour-berlin
Die Tour kann darüber hinaus auf Anfrage auch für Gruppen gebucht werden. Thementouren für Gruppen: www.mpg.de/dahlemtour
© Gazette Verbrauchermagazin GmbH 2023