Erschienen in Wannsee Journal April/Mai 2024
Der markante rote Turm, der in Nikolassee über die Avus wacht, hatte bisher keine Erfolgsgeschichte. Möglicherweise ändert sich das mit dem neuen Eigentümer, der Autohaus König GmbH. Zumindest ist das Gebäude im Moment eingerüstet, Restaurierungsarbeiten sind in vollem Gange. Veranstaltungen, ein Restaurant – die Pläne könnten der früheren Raststätte, die als Ensemble mit weiteren Gebäuden auf dem Areal und der Bärenplastik auf dem Mittelstreifen unter Denkmalschutz steht, wieder neues Leben einhauchen.
Es war Anfang der 1970er-Jahre, als der Architekt und Leitende Baudirektor Rainer G. Rümmler den Auftrag bekam, eine Raststätte in Dreilinden zu entwerfen, ein Ort, an dem die Autofahrer lange Schlange stehen mussten, bis sie von den Grenzern der DDR abgefertigt wurden. Sie sollte einen farblichen Kontrapunkt zu den eher in einheitlichem Grau gehaltenen DDR-Abfertigungsgebäuden setzen. Das gelang mit dem weithin sichtbaren Rot und der baulichen Gestaltung auch. Doch hier hört die Erfolgsgeschichte schon auf. Vor über 50 Jahren, im Jahr 1973 konnte die Raststätte eröffnet werden. Ein wirtschaftlicher Erfolg war sie allerdings von Anfang an nicht, denn durch das Transitabkommen, das 1972 in Kraft trat, konnten die Reisenden die Grenze schneller passieren, sodass sie die Raststätte in Dreilinden kaum noch nutzten. Ohnehin war eine Raststätte an dieser Stelle kaum gefragt. Diejenigen, die aus Berlin kamen, waren in der Regel zuhause gestartet, die, die nach Berlin kamen, hatten ihr Ziel vor Augen. Wozu dann noch eine Pause direkt an der Autobahn machen?
So waren es meistens Fernfahrer, die das Angebot in Anspruch nahmen. 1978 wurde ein Imbiss für sie eingerichtet. Nach der Wende und dem Wegfall jeglicher Grenzkontrollen war auch damit kein Geld mehr zu verdienen. Später zog das Zollamt ein, das 2002 auszog. Die Folge war Leerstand – dieser sollte 2009 beendet werden, als der Chef der Currywurst-Gastronomie „Wurstmaxe“ das Gebäude für 45.000 Euro von der Stadt Berlin kaufte. Sein Plan, aus dem Gebäude ein Hotel mit Disco und American Diner zu machen, scheiterte. Die frühere Raststätte wurde 2012 versteigert. Ein Minusgeschäft war es eher nicht für den Verkäufer, denn nun wechselte das Anwesen für 535.000 Euro den Besitzer, diesmal ein Vermieter von Geräten, die auf dem Bau benötigt werden.
Dieser wollte auf dem großen Parkplatz vor dem Turm Bagger, Kräne, Rammgeräte und Bohranlagen ausstellen und von dort aus zu den Kunden transportieren lassen. Hierfür bekam er jedoch keine Genehmigung. Auch andere Ideen – eine Ausstellung chinesischer Natursteine, ein Vergnügungspark, Bootshandel und Verkauf von Oldtimern – scheiterten. Schließlich verlor der Eigentümer die Freude an dem Objekt und das Gelände stand erneut zum Verkauf. Im Oktober 2023 fand er mit dem eingangs erwähnten Autohaus einen Käufer – wie sich die Zukunft der ehemaligen Raststätte nun gestaltet, wird von vielen Berlinerinnen und Berlinern gespannt beobachtet.
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