Gazette Verbrauchermagazin

Eiche vorsätzlich beschädigt

Zwei Leidensgenossen – Kohlhaas und seine neue Eiche

Die neue Kohlhaas-Eiche wurde mut- und böswillig verstümmelt. Foto: Achim Förster
Die neue Kohlhaas-Eiche wurde mut- und böswillig verstümmelt. Foto: Achim Förster
Erschienen in Gazette Zehlendorf April 2024
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Im Sand vom ehemaligen Todesstreifen bei Kohlhasenbrück wuchs eine kräftige Eiche heran, ihre Eltern stehen am Königsweg. Bis zum dreißigsten Lebensjahr war sie der schönste Baum weit und breit, so wurde ihr feierlich der Namen „Neue Kohlhas-Eiche” verliehen. Nicht nur diese Sätze erinnern an den Beginn der Novelle „Michael Kohlhaas” von Heinrich von Kleist, sondern auch die Entwürdigungen, die Kohlhaas und seine Eiche erlitten. Dem rechtschaffenden Rosshändler Michael Kohlhaas beschlagnahmte ein selbstherrlicher Landesherr vor 492 Jahren grundlos die Pferde. Erst wehrte er sich gesetzestreu, dann übte er Selbstjustiz, raubte und plünderte, bis man ihn vor 484 Jahren in Berlin hinrichtete.

Ein selbstherrlicher Unbekannter sägte der neuen Kohlhaas-Eiche an einem frühlingshaften Wochenende gerade ihre dekorativsten weit ausladenden Äste ab. Die Eiche konnte sich nicht wehren, als sie ihr prächtiges Antlitz verlor. Nun steht sie da wie ein gerupftes Huhn und kann nur schwer entstellt weiter wachsen. Die großen Wunden und der Einschnitt zu nahe am Stamm werden vernarben und noch viele Jahrzehnte an den unbegreiflichen Baumfrevel erinnern.

Achim Förster

Titelbild

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