Gazette Verbrauchermagazin

Einwohneranträge chancenlos?

Miteinander statt gegeneinander

Erschienen in Lankwitz & Lichterfelde Ost Journal Juni/Juli 2024
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Das Bündnis für einen lebendigen Kranoldplatz hatte am 28. Oktober 2023 einen Einwohnerantrag (EWA) gestartet, um den Umbau des Kranoldplatzes und seiner Umgebung zu fordern. Innerhalb von 74 Tagen waren 1.969 Unterschriften gesammelt. Der Antrag wurde am 10. Januar 2024 bei der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingereicht. In den folgenden Wochen und Monaten wurden verschiedene Sitzungen und Ausschüsse abgehalten, um den Antrag zu diskutieren und zu behandeln. Es gab auch einen offenen Brief an die Bezirksbürgermeisterin und die Stadträte, um auf die Forderungen des Bündnisses aufmerksam zu machen. Ein weiterer Einwohnerantrag wurde von der CDU unterstützt und am 26. Februar 2024 eingereicht. Dieser Antrag erreichte jedoch erst in einem zweiten Anlauf am 6. April 2024 mit 1.203 gültigen Unterschriften das notwendige Quorum. Der von der CDU unterstützte und von CDU-Mitgliedern verfasste Einwohnerantrag „Kranoldmarkt erhalten“ steht dafür, den Kranoldplatz im Wesentlichen so zu belassen, wie er ist. Der Antrag des Bündnisses für einen lebendigen Kranoldplatz fordert dagegen, den Kranoldplatz nachhaltig, ökologisch, klimafreundlich und orientiert an dem Berliner Mobilitätsgesetz umzugestalten und zu einem Platz mit Aufenthaltsqualität weiterentwickeln. Beide Anträge sprechen sich für den Erhalt des Kranoldmarktes aus.

Debattieren statt Diffamieren

In der BVV vom 17. April 2024 stand der Einwohnerantrag „Kranoldplatz erhalten“, für den die CDU Lilienthal (Berlin Lichterfelde Ost und Lichterfelde Süd) geworben hatte, nun auf der Tagesordnung. Laut Antragsteller Stephan Voß vom Bündnis für einen lebendigen Kranoldplatz erfolgte die Präsentation dieses Antrages in der BVV statt sachlich formuliert eher diffamierend. Die Vorgeschichte: Der Antrag des Bündnisses war bereits im März dem Bezirksparlament zugegangen und stand seitdem in mehreren Ausschüssen auf dem Programm. Die Diskussion des Antrages bzw. um die Zukunft des Kranoldplatzes wurde mit der Begründung vertagt, beide sich inhaltlich widersprechenden Anträge zusammen diskutieren zu wollen. Diese Debatte stand an. Am 25. April 2024 hat die Zählgemeinschaft im Ausschuss für Mobilität, Ordnung und Verkehr nun angekündigt, einen eigenen Antrag zum Kranoldplatz in die BVV einbringen zu wollen. Laut Stephan Voß sei zu erwarten, dass die beiden vorliegenden Einwohneranträge in einer der kommenden BVV-Sitzungen abgelehnt würden, sobald die Zählgemeinschaft ihren eigenen Antrag eingebracht und so formuliert hat, dass dieser in den Ausschüssen zur Beschlussfassung empfohlen und über ihn in entsprechender BVV dann positiv abgestimmt wird. Stephan Voß gibt zu bedenken: „Bis dahin haben wir und auch andere Interessengruppen keinen Einfluss mehr darauf, was die Politik für uns und andere und zugleich ohne uns und andere beschließen wird. Es ist die Absicht der Politik, alleine den Rahmen für eventuelle Veränderungen am Kranoldplatz zu bestimmen.“ Das Bündnis für einen lebendigen Kranoldplatz, dem Mein LiLa – Standortgemeinschaft Lichterfelde-Lankwitz e. V., Initiative Lebenswerter Kranoldplatz, bau.stelle Kinderwerkstatt, Initiative Brauerkiez, Gremium für Mobilität und Schulwegsicherheit der Grundschule unter den Kastanien, Gesamtelternvertretung der Grundschule unter den Kastanien angehören, weist nun umso bestimmter auf seine Essentials bzgl. eines eventuellen Umbaus des Kranoldplatzes hin. Darin wird der Erhalt des Kranoldmarktes zumindest in seinem bisherigen Umfang ebenso angestrebt wie die Entwicklung und Umsetzung eines Gesamtkonzeptes für eine klimafreundliche, umwelt- und gesundheitsverträgliche sowie nachhaltige Umgestaltung des Kranoldplatzes und seiner Umgebung im Einklang mit dem Berliner Mobilitätsgesetz. Dabei stets im Blick, die Marktfunktion des Kranoldplatzes zu erhalten und die Fläche zu erweitern, die Aufenthalts- und Einkaufsqualität im Viertel zu verbessern, einen weitgehend autofreien Raum zu schaffen, ein nachhaltiges, umweltfreundliches und gesundes Konzept für den Bereich zu entwickeln, die Sicherheit der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten und die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des Viertels zu stärken.

Runder Tisch fehlt

Nutzbringend für alle und den Erfolg eines eventuellen Umbaus dürfte sein, in partizipativem Prozess die Bürger bei der Planung und Entscheidungsfindung mit zu beteiligen und alle gemeinsam an einen Tisch zu bringen, an dem jeder zu Wort kommt. Einer Forderung des Bündnisses nach einem „Runden Tisch Kranoldplatz und Umgebung“ wurde nicht entsprochen, wie Stephan Voß erklärt. – Und das, obwohl die Zählgemeinschaft bereits selbst einen solchen Tisch schon per Antrag an die BVV angeregt hatte, diesen dann aber wieder fallengelassen hatte.

Es bleibt dabei: Von außen betrachtet wünscht man sich zeitnah von Bezirk, Markthändlern und Bündnispartnern für eine erfolgreiche Zukunft des Kranoldplatzes mehr gemeinsames Handeln und aktives Suchen nach Kompromissen anstatt unsachlicher Diskussionsansätze.

Ein wichtiger gemeinsamer Schritt dürfte dazu am 6. Mai 2024 gemacht worden sein: An diesem Tag überreichten Felix Heese für die Markthändler am Kranoldplatz und Stephan Voß für das Bündnis lebendiger Kranoldplatz dem Vorsteher der BVV Steglitz-Zehlendorf ihren Vorhabenvorschlag „Einrichtung eines ‚Runden Tisches Kranoldplatz und Umgebung‘ durch das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf“ – verfasst gemäß der „Leitlinien für die Beteiligung von Bürger_innen in Steglitz-Zehlendorf“ aus dem August 2023. Den Vorhabenvorschlag erhielten auch die Bezirksverordneten, die Parteivorsitzenden von GRÜNEN, SPD, FDP, CDU und der LINKEN in Steglitz-Zehlendorf sowie die Vorsitzenden der Ortsverbände.

Weitere Informationen unter www.kranold-markt-platz.de

Jacqueline Lorenz

Titelbild

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